Dimbulagala, von den Briten einst Gunner's Quoin genannt, ist mit 543m Höhe der markanteste Bergrücken in den Ebenen um Polonnaruwa, etwa 15 km südöstlich dieser ehemaligen Hauptstadt gelegen. Seit vorchristlicher Zeit haben sich Eremiten auf diesen Berg zurückgezogen, der nur selten von ausländischen Invasoren heimgesucht wurde und darum als Zufluchtsstätte in Notzeiten diente. Darum und wegen der Weitläufigkeit des Berggeländes ist Dimbulagala wahrscheinlich niemals völlig verlassen worden. Damit wäre dies der älteste durchgängig von Mönchen bewohnte Ort der Welt.
In den Höhlen auf diesem ausgedehnten Bergrücken finden sich sogar Spuren steinzeitlicher Bemalung. Wohnort der Dämonen der vorsinghalesischen Zeit sollen diese Höhlen gewesen sein. In vorbuddhistischer Zeit sei Dimbulagala außerdem Fluchtort des späteren ersten Anuradhapura-Königs Pandukabhaya gewesen, was allerdings von vielen entlegenen Winkeln der Insel erzählt wird. Die erste buddhistische Weihung des Berges für Mönche wird noch dem ersten buddhistischen König Sri Lankas, Devanampiya Tissa, zugeschrieben. Die Nutzung durch buddhistische Einsiedler dürfte tatsächlich in der frühesten Zeit der Etablierung des Buddhismus auf Sri Lanka begonnen haben. Das belegen einige Höhlen mit Widmungen in einer altertümlichen Variante der Brahmi-Schrift. Insgesamt 500 Felsnischen sollen sich im großräumigen Gebiet des Dimbulagala-Berges befinden, die von frühen Einsiedlern genutzt worden sein könnten. Der Berg war in der Anuradhapura-Zeit berühmt für die Vielzahl der Heiligen, die hier das Nirvana erlangt haben sollen. In den Geschichtschroniken taucht das Kloster unter den Bezeichnungen Udumbaragiri und Dhumarakkhapabbata auf. Die Wertschätzung Dimbulagalas wird auch daran deutlich, dass es ein hiesiger Mönch namens Katthagattha-Tissa gewesen sein soll, der im Dienste König Vatthagamani Abhayas die schriftliche Niederlegung des Tipitaka-Kanons der Theravada-Buddhisten auf dem 4. Konzil im Aluvihara initiiert haben soll. Eine Klostergründung auf diesem Berg wird des weiteren dem König Mahanama des frühen 5. Jahrhunderts zugeschrieben. Vihara-Bauten aus der Anuradhapurazeit und der frühen Polonnaruwa-Zeit finden sich über den ganzen Bergrücken verstreut. In der Zeit der Besetzung der Insel durch das tamilische Chola-Imperium vom indischen Festland aus geriet Dimbulagala in Mitleidenschaft, da es in der Nähe des Regierungssitzes der hinduistischen Chola-Gouverneure lag, nämlich Polonnaruwa. Um so mehr war dem Restaurator des singhalesischen Königtums Vijayabahu I., der ebenfalls Polonnaruwa zu seiner Residenz wählte, daran gelegen, Dimbulagala zu neuem Glanz zu verhelfen. Er ließ die Gebäude wieder instand setzen. Unter dem wichtigsten Polonnaruwa-König, Parakrama Bahu, erlebte Dimbulagala den Höhepunkt seines Ansehens. Der hiesige Abt Mahakassapa Thera soll dem König bei dessen Unterfangen als rechte Hand gedient haben, den Orden zu reinigen und ihm eine einheitliche Struktur zu geben, denn die Mönche von Dimbulagala hatten das Ansehen erworben, der Ordensregel die Treue gehalten zu haben, als in anderen Landesteilen das mönchische Leben mangels königlicher Protektion verweltlicht war. "Ordensreinigung" bedeutete, dass viele Mönche, die im Verdacht von schwerwiegenden Brüchen der Ordensregel, z.B. durch Geschlechtsverkehr, standen, aus dem Orden ausgeschlossen wurden, ihre Roben ablegen mussten, wie das heißt. Andere wurden in den Novizen-Stand zurückgestuft, d.h. ihre Ordination wurde als ungültig angesehen, weil einer der Zeugen vielleicht ein Mönch war, der die Ordensregel bereits gebrochen hatte. In großen Versammlungen und mit großem Zeremoniell wurden dafür neue Mönche geweiht. Der König und Mahakassapa Thera erließen auch einen neuen Verhaltenskodex für Mönche, Kathikavatha genannt. Außerdem wurden neue Lehranstalten eingerichtet. In der Zeit Parakrama Bahus entwickelte sich Dimbulagala wegen seiner Nähe zum Königshof zu einem Gelehrtenzentrum von großer Ausstrahlungskraft, nämlich mit Verbindungen nach Birma und Siam. Die enge Verbindung nach Polonnaruwa ist auch durch Inschriften bis ins 13. Jahrhundert hinein belegt.
Der Bergrücken von Dimbulagala ist nicht ein einfacher Granitmonolith wie Sigiriya oder Yapahuwa, sondern eine eigene kleine Gebirgskette wie Ritigala. Da die Höhlen über den ganzen Berg verteilt sind, kann man anfangs der Anuradhapura-Zeit nicht von einem Kloster sprechen, sondern eher von Eremitensiedlungen im Plural. Erst in der mittleren Anuradhapura-Zeit scheint von König Mahanama ein echtes Kloster gegründet worden zu sein, neben dem wahrscheinlich weiterhin Waldmönche einsam in anderen Teilen des Berggebiets siedelten.
Am Fuße des Berges liegen in allen Richtungen antike Stauteiche (Foto), die seit der Kolonialzeit wieder landwirtschaftlich genutzt werden.
Hinter dem Eingang des Klosters am westlichen Ende der Bergkette von Dimbulagala kommt man nahe dem Hauptgebäude des heutigen Klosters zunächst an einem neuen oktogonalen Turm an, der als eine Art Museum dient. Darin sind einige moderne Buddhafiguren in recht ungewöhnlichen Stilen ausgestellt. Daneben befindet sich der Eingang zu einem der Höhlentempel Dimbulagalas. Dieser hier, der am leichtesten erreichbar ist, ist auch am schrillsten (Foto). Kaum irgendwo kann man ein bunteres Aufgebot an Buddhas, Göttern, Dämonen und Königen zur Illustrierung von kanonischen Geschichten studieren.
Von dieser Höhle aus startet der empfehlenswerte Pilgerweg auf den westlichsten Felsen der Hügelgruppe von Dimbulagala. Oben steht eine Art Dagoba (Foto), die gleichzeitig als Aussichtsturm gestaltet ist. Tatsächlich lohnt sich ein Besuch dieses sogenannten Akasa Chaitya vor allem wegen seiner landschaftlichen Lage.
Der Blick vom Akasa Chaitya fällt auf verschiedene Gruppen von Reisfeldern, die im Laufe der Monate ihr Aussehen immer wieder ändern. Vor dem Pflanzen der Setzlinge werden sie Reisfelder geflutet (Foto), um den Boden mit Mineralien zu versorgen und der jungen Pflanze feuchtes Erdreich zu bieten. Später wird die Reisfeld-Landschaft intensiv grün, und kurz vor der Ernte leuchtet der Reis gelblich. Neben der Kulturlandschaft sieht man aber im dünn besiedelten Raum um Dimbulagala auch viele Waldareale. In Richtung Süden ist es nicht mehr weit zun Maduru Oya Nationalpark. Dieser elefantenreiche Nationalpark zählt zu den einsamsten im Lande. Große Busreisegruppen verlieren sich nie dorthin.
Das Kloster Dimbulagala Raja Maha Vihara zu Füßen des Berges liegt wenige hundert Meter hinter der heutigen Hauptzufahrt. Es ist ein moderner Gebäudekomplex, in dem vergleichsweise viele Mönche leben und noch mehr mönchischer Nachwuchs ausgebildet wird (Foto). Nicht alle diese Novizen werden aber später die Mönchsweihe empfangen. Viele kehren mit der Volljährigkeit in ihr Familienleben zurück. Für sie war die Zeit in der orangefarbenen Kutte gewissermaßen die Möglichkeit, günstig in einem Internat eine gute Ausbildung zu erhalten. Weitere Mönchsunterkünfte sind weiträumig in der Ebene um den Berg verstreut. Das Kloster gehört heute zu den größten modernen Klöstern Sri Lankas und ist regionaler Hauptsitz einer der drei buddhistischen Ordengemeinschaften des Inselreichs, genauer: das Zentrum des Amarapura-Nikaya im Kulturdreieck. Der Amarapura-Orden ist einer der beiden Orden birmanischer Herkunft, sein Hauptverbreitungsgebiet ist das singhalesische Siedlungszentrum im Südwesten der Insel. Die Klöster des Amarapura-Vihara haben meist eine größere Anzahl von Mönchen als die des Syam-Nikaya. Zum Großraum des Dimbulagala-Klosters gehören etwa 500 Mönche.
Mehrere Höhlen im Raum Dimbulagala zeigen Reste von Malerei aus den unterschiedlichsten Zeiten. Doch bei weitem das interessanteste Fresko sieht man an der Südseite des Bergrückens in der sogenannten Pulligoda-Höhle. Dieser kleine Felsüberhang heißt auf Singhaleseisch Pulligoda Galge oder Pulligoda Lena. Die Pulligoda-Fresken (Foto) wurden erstmals 1897 vom britischen Archäologen Bell beschrieben. Seitdem gibt es in der Gelehrten-Literatur die widersprüchlichsten Angaben über ihre Symbolik und ihre Entstehungszeit. Fünf männliche Wesen sind darauf zu erkennen, sie sitzen auf Lotospodesten und zeigen die Geste der Anbetung. Die Gloriole weist darauf an, dass sie selbst schon heilige Wesen sind, wahrscheinlich Arahants. Die Anbetungsgeste macht dennoch Sinn, denn man darf vermuten, dass dieses erhaltene Stück der Malerei ursprünglich nur einen kleinen Teil eines viel größeren Gemäldes an der Felsendecke ausmachte. Wahrscheinlich war ursprünglich auch ein Buddha mit abgebildet, vielleicht in der Geste der Lehrpredigt, dem seine Zuhörer ihre Reverenz erweisen. Der Streit geht unter anderem darum, ob dieses Gemälde aus der mittleren oder späten Anuradhapurazeit stammt oder erst aus der Polonnaruwazeit. Zur Debatte steht damit ein Zeitraum von 1000 Jahren, zwischen dem 3. und dem 13. Jahrhundert nämlich. Was auch immer die richtige Datierung sein mag, für Gemälde aus der Anuradhapura- oder Polonnaruwazeit sind der Erhaltungszustand, die Leuchtkraft der Farben und auch die künstlerische Gelungenheit der Figuren von einer beispiellosen Qualität - mit einer Ausnahme: Noch eindrucksvoller sind natürlich die Wolkenmädchen von Sigiriya. Und tatsächlich gibt es stilistische Ähnlichkeiten zu diesen berühmtesten Gemälden Sri Lankas, so dass eine sehr frühe Datierung ins 4. oder 5. Jahrhundert nicht unwahrscheinlich ist. Dann handelt es sich bei den Pulligoda-Fresken um mit die ältesten erhaltenen Malereien im indischen Raum. Allein ihre Schönheit macht sie besuchenswert, obwohl sie nicht sehr groß sind. Mitten im einsamsten Dschungel ein solch hochwertiges Kunstwerk an einem nackten Felsen anzutreffen, ist ein Erlebnis für sich.
Ein Besuch von Dimbulagala ist vorgesehen in der ausführlichen dreiwöchigen Studienreise "Kultur total". Wir nehmen uns dafür sogar einen ganzen Tag Zeit, weil man hier viele verschiedene Spaziergänge und Wanderungen zu antiken Ausgrabungen oder Naturschönheiten unternehmen kann.
Reiseveranstalter ist die Firma
No. 80/b, Lewis Place,
Negombo,
Sri Lanka |