Medirigiriya liegt etwa 40km nördlich von Polonnaruwa. Es bietet dem Besucher das Musterbeispiel für einen runden Stupatempel, den man auch Vatadage nennt, sowie eine vergleichsweise geschlossene und dicht bebaute antike Klosteranlage, die gleichzeitig ein bedeutendes Heilzentrum war. Medirigiriya bleibt ein idyllischer Ort, obwohl es bisweilen von größeren Busreise-Gesellschaften aufgesucht wird. Doch bleiben die einheimischen Pilger auch hier meist in der Mehrheit. Der historische Pali-Name für Medirigiriya lautet Mandalagiri, wörtlich "Kreisfelsen". Der Name ist recht bezeichnend für das kreisrunde Hauptheiligtum, das auf dem runden Plateau eines Granitmonolithen steht.
Die frühe Nutzung des Ortes durch buddhistische Mönche ist auch im Falle Medirigiriyas durch alte Brahmi-Inschriften belegt. In der Mahavansa-Chronik wird der Ort erstmals im Zusammenhang mit König Kanittha Tissa (166-184) erwähnt, der hier ein Uposathagara gestiftet habe, also eine Versammlungshalle für die höchsten Zeremonien wie Mönchsweihen und Vollmond-Feiern. Der Ausbau des Haupt-Stupa zu einem Vatadage-Rundtempel fällt in die Regierungszeit Aggabodhis IV., dessen singhalesischer Name Agbo lautet. Während der Chola-Invasion aus Südindien muss Medirigiriya im 11. Jahrhundert in Mitleidenschaft geraten sein. Aber der Vertreiber der Chola-Besatzung, Vijayabahu I., ließ den Tempel Ende des 11. Jahrhunderts wieder reparieren. Eine bedeutende Rolle spielte das hiesige Kloster bei der Machtergreifung des wichtigsten Polonnaruwa-Königs, Parakrama Bahus I. Eigentlich war dieser Regionalfürst des Westens nicht erbberechtigt in Polonnaruwa, aber der alte König Gajabahu II, gegen den er einen Kriegszug nach Polonnaruwa unternahm, hatte keinen Sohn zum Thronfolger. Zwischen den kämpfenden beiden Singhalesen-Herrschern vermittelten die Mönche von Medirigiriya, indem sie folgenden Kompromiss vorschlugen: Der alte Gajabahu solle auf dem Thron bleiben, aber den jungen Parakrama Bahu als Thronfolger einsetzen. Dieser Schlichterspruch zur Beendigung des Krieges soll in zwei Säuleninschriften festgehalten worden sein, von denen eine in Medirigiriya aufgestellt wurde. Man hat hier jedoch keine solche Inschrift gefunden, wohl aber die Kopie andernorts. Auch der zweite bedeutende Polonnaruwa-König, Nissanka Malla, widmete Medirigiriya seine Aufmerksamkeit, was er inschriftlich verewigte. Er besuchte den Mandalagiri auf einer seiner als Pilgerfahrten deklarierten Inspektionsreisen durch sein Königreich. Medirigiriya wurde kurz darauf aufgrund seiner Lage nördlich von Polonnaruwa eines der Hauptopfer des Vernichtungsfeldzugs des Königs Magha aus dem indischen Kalinga im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts. Seitdem war es dem Dschungel überlassen, bis der britische Archäologe H.C.P. Bell die Stätte entdeckte und rasch ihre architektonische Bedeutung erkannte. Das Areal des Ruinengeländes war ursprünglich mehr als doppelt so groß wie heute, fiel aber im 20. Jahrhundert großenteils neuen Siedlern zum Opfer. Doch die Kernanlage ist erhalten. Das großenteils ummauerte ehemalige Kloster-Gelände ist recht kompakt. Medirigiriya ist auch Fundort zahlreicher bedeutender Bildhauerwerke. Einige Statuen von hier wurden ins Nationalmuseum nach Colombo verbracht. Die Naga-Reliefs und an Ort und Stelle verbliebenen Statuen wurden immer wieder Opfer von Kunsträubern in dieser einsamen und schwer zu bewachenden Gegend. Es wird auch organisierte Kriminalität hinter diesen Diebstählen vermutet.
Das Klosterareal von Medirigiriya war teilweise ummauert. Eine solche Prakara-Mauer trennt in indischen Heiligtümern den sakralen vom profanen Bereich. Beim Betreten des Klostergeländes durchschreitet man erst eine recht aufwändige Toranlage (Foto). Gleich dahinter links erhebt sich die Hauptattraktion Medirigiriyas, oder Mandalagiris, wie es damals hieß: der säulenreiche Rundtempel.
Die Terrasse für den Stupa auf dem Haupthügel von Medirigiriya hat einen Durchmesser von 28m. Auf ihr befand sich wahrscheinlich schon seit der Frühzeit des Buddhismus ein kleiner Stupa. Ihr heutiges Aussehen, geprägt durch die konzentrischen Säulenreihen um diesen Stupa herum, erhielt die Anlage aber erst sehr viel später. In der Zeit von Aggabodhi IV. erbaute ein Malayaraja die Kuppel über dem Stupa. Damit stammt das Vatadage von Medirigiriya bereits aus dem 7. Jahrhundert. Es handelt sich damit nicht nur um den gelungensten, sondern auch einen der ältesten der für Sri Lanka charakteristischen Rundtempel, obwohl er seine heutige Gestalt erst bei den Restaurierungsarbeiten Vijayabahus im späten 11. Jahrhundert erhalten haben dürfte. Solch ein Vatadage hatte ein von Säulen getragenes Dach, unter dem die Pilger beim Umrunden des Stupa vor Sonne und Regen geschützt waren. Die Säulen sind achtkantig, sie wachsen scheinbar aus Lotosblüten heraus, ihre Kapitelle sind noch bestens erhalten. Die 16 inneren Säulen sind in Medirigiriya über 5m hoch. Den zweiten Kreis bilden 20 Säulen. Die 32 Säulen des äußersten Kreises sind noch über 3m hoch. Zwischen den Säulen des äußeren Kreises ist noch gut das Mauerwerk des sogenannten "buddhistischen Zauns" zu erkennen. Weniger gut erhalten ist die Trennwand zwischen den Säulenkreisen. Wie am jüngeren, gleich großen Vatadage von Polonnaruwa und wie ganz analog auch schon bei den älteren Baumtempeln, befinden sich an den vier Kardinalpunkten Altäre für Blumengaben, auf denen auch große Sitzfiguren des Budddha platziert wurden. Am besten erhalten ist die auf der Ostseite. Besonders sehenswert ist auch der Granit-Treppenaufgang zur Vatadage-Terrasse. Unten am Beginn des Aufgangs schreitet man durch einen über 3m hohen Steinrahmen, der den Tordurchgang bildet.
Unter einer der Säulen dieses Haupthügels von Medirigiriya wurde bei ihrem Geraderücken eine dünne Goldplatte entdeckt mit einer Inschrift, die den Anfang eines berühmten buddhistischen Hymnus wiedergibt: "Hi pi so". Es handelt sich um den Beginn eines Gatha, eines Gesangs, der dem Sutra-Korpus der Heiligen Schriften zugeordnet ist. Die Übersetzung von "Hi pi so" lautet: "So ist er". Das nächste Wort lautet "bhagava" und heißt "der Gesegnete". Gemeint ist der Buddha. Das kurze Lied zählt dann die Eigenschaften und Tugenden des Buddha auf. Dieses Gatha ist ein beliebter Meditationstext. Eine Übung besteht z.B. darin, erst eine einzige Buddha-Tugend auszusprechen, dann mit "Hi pi so bhagava"von vorne zu beginnen und zwei Buddhatugenden aufzuzählen, und dann wieder von vorne anzufangen für drei Tugenden usf. Dabei gilt es, sich auf jede Tugend einzeln zu konzentrieren. Man vergegenwärtigt sich damit nach und nach das, was einen Buddha ausmacht. Und diese Vergegenwärtigung selbst hilft dabei, die entsprechenden Vorzüglichkeiten selbst zu erringen. Dieser "Erwerb durch konzentriertes Benennen des zu Erwerbenden" ist eine magische Ritualform, eine Art Arbeiten an der Erlösung mit einem Zauberspruch. Solche Erlösungstechniken kennt man aus dem tantrischen Buddhismus, wie er in Tibet oder, andersartig natürlich, in Japan praktiziert wird. Doch der Hymnus "Hi pi so" belegt ganz analoge Vorstellungen auch schon für den viel älteren Theravada-Buddhismus, der diese Nutzung magischer Formeln freilich nicht erfunden hat, sondern aus der vorbuddhistischen indischen religiösen Praxis übernommen haben wird.
Hinter dem Vatadage befinden sich vier sehr alte sogenannte Bilderhäuser. Zwei davon liegen zusammen auf einer Granit-Terrasse, die den etwas niedrigeren Nachbarhügel des Rundtempels bildet. Einige kleine Skulpturen sind noch in diesen sehr frühen Formen von Bilderhäusern verblieben. Auch den Unterbau für eine große Statue eines Liegenden Buddha ist in einem engen Innenraum eines solchen Statuenhauses gut auszumachen. Am auffälligsten ist aber der Steintrog davor. Es ist eine monolithische Wanne, die wahrscheinlich für ayurvedische Kräuterbäder benutzt wurde. Ähnliche Steinwannen kennt man aus Anuradhapura und Mihintale. Monolithisch sind sie, um das Abfließen des kostbaren Kräuter-Suds durch Fugen und Ritzen zu vermeiden. Der Steintrog hier erinnert daran, dass wahrscheinlich dieses gesamte Kloster und nicht nur der eigentliche Hospitalbereich einst als Kurzentrum für Pilger diente,.
Zu Füßen des Granithügels befinden sich in einem Statuenhaus, einem sehr einfachen und frühen Beispiel für solch ein Pathimagara bzw. Pilimage, noch drei Original-Statuen des Buddha, von denen die mittlere die Größte ist. Die Einheimischen nennen dieses Bilderhaus Picchamal Vihara. Im Gelände befinden sich darüber hinaus noch zwei Pokunas, also Badeteiche für die Mönche.
Das Hospitalgebäude, das etwas im Wald versteckt jenseits des Stupa-bekrönten Hügels gegenüber dem Rundtempel liegt, stammt aus dem 9. Jahrhundert. Damals begann die Blütezeit Medirigiriyas, die erst mit der Invasion Kalinga-Maghas Anfang des 13. Jahrhunderts ihr Ende fand. Das Hospital hat außen 33 Säulen und im Inneren 20 Säulen. Vermutlich besaßen die Räume bereits Türen.
Von den drei unzerstörten Medirigiriya-Inschriften beziehen sich zwei auf das Hospital. Die dritte ist ungewöhnlicherweise in tamilischer Sprache verfasst. Die Kranken-Versorgungs-Inschriften erwähnen Tier-Gaben für das Hospital und dass es den Kranken untersagt ist, sich in das Dorf zu begeben.
Medirigiriya ist Programmpunkt aller drei hier angebotenen Kultur-Reisen: auf der einwöchigen "Kultur pur" ebenso wie auf der zweiwöchigen "Kultur classic" und der dreiwöchigen "Kultur total".
Reiseveranstalter ist die Firma
No. 80/b, Lewis Place,
Negombo,
Sri Lanka |