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Mihintale

a) Anubuddhu-Mihindu-Maseya
b) Aradhana-Felsen mit Mahindas Steinbett
c) Ambasthala-Dagoba
d) Mahaseya und Mihinduseya
e) Naga Pokuna
f) Et Vihara
g) Sinha Pokuna
h) Bojana Sala und Mihintale-Tafeln
j) Giribandha Chetiya und Timbiri-Pokuna
k) Kantaka Chetiya
l) Quincunx und Hospital
m) Indikatuseya
n) Kaludiya Pokuna
o) Rajagirilena
p) Doramadalawa-Tempel
q) Mahakandarawa
r) Banyanbaum von Tapovane

Mihintale, etwa 12 km östlich von Anuradhapura gelegen, gehört zweifellos zu den fünf interessantestesten Stätten des Kulturdreicks, obwohl es von mehr als der Hälfte der üblichen Pauschal-Rundreisen links liegen gelassen wird. Doch auch wenn nicht alle ausländischen Kulturreisenden hier aussteigen, so darf man im Kerngebiet Mihintales, das sich um die alten Steintreppen gruppiert, keine Einsamkeit erwarten. Neben vielen Individualreisenden sind es vor allem einheimische singhalesische Pilger, die das ganze Jahr über diesen Ort aufsuchen, oft in Scharen. Denn Mihintale gilt als der Schauplatz der Einführung des Buddhismus auf der Insel und damit als eine Art Wiege der singhalesischen Kultur.

Mihintale war schon in der Antike ein Wallfahrtsort, und seit der von den Briten begonnenen Ausgrabung im 19. Jahrhundert ist er wieder einer. Hier wird das Pilgerfest Poson Poya zur Zeit des Juni-Vollmonds mit einem Lichterfest gefeiert, bei dem die antiken Treppenwege Mihintales abends von Hunderten von Laternen beleuchtet werden. Es erinnert an die legendäre Einführung des Buddhismus in Sri Lanka. Nach den Angaben der buddhistischen Insel-Chroniken soll in den Hügeln Mihintales Tissa, 250-210 König in Anuradhapura, dem aus Indien entsandten buddhistischen Mönch Mahinda begegnet sein. Mit dem König habe bald freudig das ganze Volk den Buddhismus angenommen. Die Einzelheiten dieser Missionierung während der ersten Tage des Aufenthalts von Mahinda werden in der Mahavansa-Chronik recht detailliert beschrieben.
Das antike Areal von Mihintale bietet aber auch dem nicht-buddhistischen Gast ein äußerst attraktives Reisziel. Zwar nicht an Anzahl, Größe oder Bedeutung, wohl aber an Vielfältigkeit und Erhaltungszustand stehen die hiesigen Kunstschätze denen von Anuradhapura kaum nach. Das archäologische Kerngelände kann es natürlich mit den schieren Dimensionen Anuradhapuras nicht aufnehmen, aber dafür besticht es mit der größeren Dichte an Bauten, die hier zu einem Rundgang einladen, wohingegen Anuradhapura nur auf ein einer Rundfahrt zu erkunden ist. Einen zusätzlichen Reiz weist Mihintale allein dadurch auf, dass es sich in die dritte Dimension, nämlich über eine Gruppe von Hügeln erstreckt (Foto), die bis über 300m Höhe erreichen. Allein die Szenerie mit steilen Felsbrocken und stillen Teichen macht einen Aufenthalt in Mihintale schon lohnend. Es tummeln sich hier trotz der vielen Besucher auch allerhand Tiere, Affen und Rieseneichhörnchen, Leguane, Schildkröten und vielerlei Schmetterlinge und Vögel, darunter Eisvögel.

Auf noch etwas sei der sonst unvorbereitete oder der nur flüchtige Gast aufmerksam gemacht: Die Ausgrabungsstätte von Mihintale ist weit größer als es das übliche Pflichtprogramm zwischen Parkplatz und Ambasthala-Dagoba ahnen lässt, das für manche Pauschalreisende gerade noch vorgesehen ist. Historisch wichtige Stätten wie die Indikatu Dagoba und malerische Winkel wie der Kaludiya-Teich liegen oft einsam in nur geringer Entfernung am Fuße der Hügelgruppe. Auf den Hügeln selbst sind das seltener besuchte Naga-Badebecken und der Et Vehera auf dem höchsten Punkt sicher die herrlichsten Orte zum Verweilen. Und in der weiteren Umgebung befinden sich u.a. Sri Lankas besterhaltene antike Steinbrücke und ein Höhlentempel, der an Dambulla erinnert. Auch an Naturschönheiten wie dem riesigen Affenschwanzbaum von Tapovane oder dem krokodilreichen Mahakandara-Wewa fahren die Touristen-Busse ohne Halt vorbei. Ja, wegen der zusätzlichen 100 Stufen begeben sich viele Reisegruppen nicht einmal zu der kunstgeschichtlich bei weitem bedeutendsten Sehenswürdigkeit Mihintales, dem Kantaka Chetiya. Wer sich wirklich ein Bild von Mihintale machen will, der sollte dazu einen ganzen Tag veranschlagen, der ihm gewiss nicht langweilig vorkommen wird. Die folgenden Seiten mögen von den überraschend vielfältigen Attraktionen dieses liebenswerten kleinen Dorfes einen Eindruck geben.

Die einzelnen Sehenswürdigkeiten werden dabei in der Reihenfolge eines sinnvollen Rundgangs durch die Hügelgruppe und einer anschließenden Rundfahrt durch die Umgebung vorgestellt, wobei jedoch am Anfang der folgenden detaillierten Ortsbeschreibung - statt des antiken Treppenwegs am Besucherparkplatz, wo ein Rundgang üblicherweise beginnt - ein neuer Tempel am Dorfrand und dann das Hauptplateau auf den Hügel als Aufmacher gewählt werden, da sie am engsten mit der Einführung des Buddhismus in Sri Lanka in Verbindung gebracht werden können, der Mihintale ja wie gesagt seine Bedeutung verdankt.



a) Anubuddhu-Mihindu-Maseya

Fährt man auf der Hauptstraße von Anuradhapura nach Mihintale, liegt nach der Ortseinfahrt, kaum 1 km vor der Hauptkreuzung in der Ortsmitte, an der rechten Straßenseite diese ungewöhnliche Dagoba (Foto). Sie stammt erst aus jüngster Zeit und ist weitgehend ein Betonbau. Kunstkenner dürften entsetzt sein. Doch fotogen ist die Anlage, und sinnig ist sie hier auch. Es handelt sich um eine ziemlich genaue Kopie des Stupas 1 im zentralindischen Sanchi (sprich „ßaantschi“), des ältesten erhaltenen buddhistischen Großbaus. Das Weltkulturerbe Sanchi steht nicht nur am Beginn der buddhistischen, sondern der indischen Baukunst und Bauplastik überhaupt. Und Sanchi war ein Ausgangspunkt buddhistischer Mission. Man identifiziert es mit dem Heiligtum des Orts Vedisagiri bzw. Vidishagiri, wo Aschokas Frau lebte und von wo aus ihr Sohn Mahinda nach Sri Lanka aufbrach, um dann in Mihintale anzukommen - womit die sinnvolle Brücke zu Sanchi geschlagen wäre.

Laut Stupa-Inschriften hieß Sanchi in Indien selbst früher Kanava oder Kanaya. Es diente etwa 1000 Jahre als buddhistisches Pilgerzentrum, und war wahrscheinlich die erste Heilige Stätte des Buddhismus außerhalb des Gangesraums, also außerhalb des originalen Wirkungsraums des historischen Buddha. Es dürfte tatsächlich eine Gründung des Kaisers Aschoka aus der Mitte des 3. Jahrhunderts v.Chr sein, wenngleich seine heutige Gestalt, wie sie hier in Mihintale in Beton nachgebildet ist, erst aus der Zeit der Shatavana-Dynastie, d.h. vermutlich aus dem ersten Jahrhundert vor Christi Geburt stammt. Die Region Sanchis lag zuvor im Malwa-Reich, das Aschoka durch kluge Heiratspolitik an sich binden konnte. Sanchi bildete dann seit Aschoka den Ausgangspunkt für die Ausbreitung des Buddhismus nach Süden entlang der alten Handelsrouten über die indische Halbinsel Dekkhan. Die halbkugelförmigen Stupas Sanchis wurden über Reliquien von Jüngern Buddhas und frühen Missionaren errichtet. Ursprünglich handelte es sich bei solchen Stupas um Wallfahrtsstätten nur für Laienanhänger, denn Mönche verhielten sich anfangs gleichgültig gegenüber dem Reliquienkult, da der Buddha selbst sich distanziert zu ihm geäußert hatte. Erst später wurden um die ältesten Stupas auch Klöster gegründet und erhielten nahezu alle Klöster Stupabauten als markante Wahrzeichen und als Pilgerziele für spendenfreudige Laienanhänger. Ursprünglich aber waren die Bauherren und Träger der Stupas Kaufmannsgilden. Überregionale Verbände solcher Gilden spannten ein Handelsnetz über Indien und standen der neuen Religion sehr nahe, so bildeten sie ein Netzwerk, das den Buddhismus, anders als die eher regional geprägten hinduistischen Kulte, zu einer ziemlich einheitlich über ganz Indien verbreiteten Religionsform machte. Ja, es liegt sogar nahe, dass nicht die neue nicht-priesterliche und weniger kastenorientierte Religion so sehr die Kaufleute anzog, als dass vielmehr umgekehrt der buddhistische Sangha sich bevorzugt an den Handelszentren der Kaufmannschaften niederließ, sicher auch, weil er sie als Sponsoren brauchen konnte, aber vor allem, weil deren großräumige Verbindungen es dem Sangha erlaubten,  über große Entfernungen hin Kontakte zu halten. Vor allem der überregionale Charakter dieser Verbindung aus Klöstern und Handelniederlassungen bewog denn die antiken indischen Dynastien, die über ausgedehnte Territorien herrschten, sich eng an sie anzulehnen, da sie den regionalistischen Tendenzen der anderen politisch-religiösen Allianzen, nämlich aus Lokalfürsten und ihren Hofbrahmanen, entgegenwirkte. Nicht zufällig fällt entsprechend, im Mittelalter, die Verdrängung des Buddhismus aus Indien in eine Zeit des Verfalls der Großreiche und des Aufstiegs kleinerer Regionalreiche. Selbst lange nach der Zeit Aschokas trat das Großreich der Shatavahanas, dessen Regenten sich selbst zum Hinduismus bekannten, als großzügiger Förderer der buddhistischen Kultstätten auf. Insbesondere Sanchi wurde von den Shatavahanas prächtig ausgebaut, es erhielt erst unter ihnen seine endgültige Gestalt, in der es heute zu sehen ist. Aus ähnlichen Gründen hatte wahrscheinlich zuvor auch der erste gesamtindische Herrscher Aschoka für sein riesiges Reich den Buddhismus protegiert, eben als einheitliches und überregional organisiertes Band.

Aschoka ist bekanntlich die überragende Herrschergestalt der Geschichte der Ausbreitung des Buddhismus. Erstens förderte er neben anderen Religionen ganz besonders den buddhistischen Sangha im eigenen Reich, das erstmals fast alle Regionen Indiens vereinte, außer dem äußersten Süden und den Bergwaldgebieten im Zentrum. Um den Orden gegen sich einschleichende Disziplinlosigkeiten zu regulieren, erließ Aschoka Edikte, u.a. das berühmte Schismen-Edikt, das auf einer Säule in Sanchi erhalten ist. Mit ihm wollte Aschoka vor allem interne Machtkämpfe unter rivalisierenden Mönchsgruppen beenden. Die Geschichtschroniken Sri Lankas berichten entsprechend, Aschoka habe zum Zweck der Ausstoßung von Irrlehrern aus dem Sangha das dritte buddhistische Konzil in seiner Hauptstadt Pataliputra abgehalten. So wurde er übrigens legitimierendes Vorbild für spätere buddhistische Könige zu Interventionen in Sangha-Angelegenheiten, gerade auf Sri Lanka, obwohl die Ordensregel eigentlich Einmischungen von Laien in Ordensangelegenheiten verbietet. Zweitens schickte Aschoka Gesandte in Nachbarreiche, im Westen bis ans Mittelmeer, sie sollten die Lehre Dharma friedlich verbreiten. Zwei Mönche brachten den Buddhismus laut Sri Lankas Chroniken ins „Goldland“ Birma, eine Tochter Aschokas nach Nepal. Ein Bruder oder Sohn, der auf Sanskrit Mahendra heißt, auf Pali Mahinda, sei nach seiner vom Vater widerstrebend gebilligten Ordinierung als Mönch nach Sri Lanka entsandt worden. Vor der Abreise habe er in der Malwa-Hauptstadt Vidisha, die nahe Sanchi lokalisiert wird, Abschied von seiner Mutter genommen, die wie gesagt aus dieser Region stammte.

Nun ist jedoch in den berühmten Fels- und Säulenedikten Aschokas selbst, die übrigens die ältesten Textzeugnisse in einer indischen Sprache überhaupt darstellen, keineswegs die Rede von der Mahinda-Geschichte. Aschokas eigene Angaben über die Dharma-Verbreitung beziehen sich auf den hellenistischen Westen. Sri Lanka wird zwar auch erwähnt, aber an anderen Stellen, nämlich zusammen mit den tamilischen Königreichen der Cholas und der Pandyas, und zwar nur als ein Gebiet, zu dem Aschoka gute Beziehungen unterhielt. Diese völlige Parallelsetzung Sri Lankas mit den Tamilenreichen in Aschokas Originaltexten ist um so bemerkenswerter, als von Sri Lankas Chroniken der auf Aschoka zurückgeführte Buddhismus ja gerade als das Unterscheidungsmerkmal gegenüber den tamilischen Nachbarn auf dem indischen Festland herausgestrichen wird. Zudem ist in Aschokas Edikten mit dem Dharma, das er in der Welt verbreitet habe, nicht gleich die buddhistische Lehre gemeint, sondern eine an den Buddhismus nur selektiv anknüpfende allgemeine Moral-Lehre, die vor allem Gewaltanwendung ablehnt. Der Name Mahindas schließlich kommt in den Aschoka-Inschriften überhaupt nicht vor. Dies ist ein Indiz, dass es sich bei der Mahinda-Version der Missionierung Sri Lankas um legendarisches Gut handelt, denn der indische Kaiser hätte es wohl kaum verabsäumt, in den Darstellungen seiner großen Taten den persönlichen Beitrag seiner eigenen Familie zur Verbreitung des Dharma zu erwähnen. Ein anderes Indiz für den legendarisches Charakter der Mahinda-Erzählung liefert die Gestalt der Mahavansa-Passagen selbst, die zum Beispiel behaupten, Mahinda habe sich von Sanchi direkt nach Mihintale begeben. Wie? Er hat sich durch die Kraft seines guten Karma direkt in die Luft erhoben, ist also gewissermaßen nach Mihintale eingeflogen.

Aus solchen Gründen hat der Altvater der singhalesischen Historikerzunft G.C. Mendis in seiner Londoner Dissertation die Bekehrung Sri Lankas durch einen Aschoka-Sohn als unhistorisch bezeichnet, was er in den 30er Jahren auch auf Sri Lanka kundtat. Die heftigen Reaktionen bewogen ihn, diese These künftig nicht öffentlich zu wiederholen, nicht einmal die Doktorarbeit wurde in Sri Lanka publiziert. Kritik an der Richtigkeit der Mahavansa-Berichte ist in Sri Lanka ähnlich ideologisch brisant wie bei uns im Westen archäologisch oder textkritisch begründete Zweifel an der Historizität von biblischen Geschichten. (Bis heute glauben viele im Westen lieber "Und die Bibel hat doch recht" und konstruieren westliche TV-Dokumentationen angebliche historische Hintergründe für biblische Erzählungen, die in Wahrheit aus viel späteren Zeiten stammen und zu ganz anderen Zwecken geschrieben wurden als zur Geschichtsforschung. Juden und Christen sollten deswegen nicht vorschnell über buddhistische Legendenbildungen die Nase rümpfen.) Das Mahavansa spielt leider auch in den Konflikten auf der Insel eine ähnliche Rolle wie das Alte Testament im Nahen Osten: Es muss herhalten zur historischen Rechtfertigung aktueller Ansprüche der dominanten Macht, insbesondere eines Vorranganspruchs des Buddhismus vor den anderen Religionen der Insel, der notfalls mit Gewalt durchzusetzen sei. Man hüte sich also, in Gegenwart von Singhalesen anzuzweifeln, dass es sich beim Missionar Mahinda um einen Spross Aschokas gehandelt habe. Aufbrausende Reaktionen hat man als Gast freilich von Singhalesen - anders als von Europäern oder Arabern - kaum jemals zu befürchten, nur lächelndes Kopfschütteln würde man sicher ernten.

Historisch zutreffend ist wahrscheinlich: Der Buddhismus war wohl früh durch Kaufleute auf der Insel bekannt geworden, bevor er dann  im 3. Jahrhundert v.Chr. oder etwas später vom singhalesischen Königshaus, das dazu durchaus Kontakte nach Indien unterhalten haben wird, angenommen und gefördert wurde, wahrscheinlich sogar, dem Mahavansa-Bericht entsprechend, durch Kontakte mit indischen Mönchen, um eine Ordinationslinie in Anuradhapura einführen zu können. Übernahme von Elementen aus einer höher entwickelten Nachbarkultur zur Formung des eigenen Staatsgebildes ist für aufstrebende Herrscher häufig Grund, mit einer bewunderten Verwaltungstechnik und Schriftkultur auch deren Religion ins Land zu holen. Auf ganz ähnliche Weise übernahmen später Korea und Japan den Buddhismus aus China oder die Mongolen ihn aus Tibet oder die Südostasiaten ihn aus Südindien, Bengalen und Sri Lanka. Doch die Betonung  der engen Beziehungen zum Hof Aschokas, die man in den Inselchroniken vielfach antrifft, dürften, historisch-kritisch betrachtet, eher dem Anliegen entsprungen sein, an das Prestige anzuknüpfen, das Aschoka in der gesamten asiatischen Welt später genoss. Dass es sich bei dem indischen Kaiser, der sich in seinen Inschriften Devanampriya nennt - wie der singhalesische König Tissa sich selbst später ebenso benennen ließ - überhaupt um eine historische Person handelte, das war eine der Sensationen, die die besagten Säulen- und Felsedikte dann belegten. Sogar die aus dem Mahavansa rekonstruierbare Datierung Aschokas ins dritte vorchristliche Jahrhundert stellte sich als richtig heraus, da die Aschoka-Inschriften die Namen hellenistischer Herrscher erwähnen, die in diese Zeit datierbar sind. Soviel historische Ehre zumindest ist den Geschichtschroniken der Insel zuzuschreiben. Und auch das stimmt wie gesagt gut mit den Chroniken überein: Die Akropolis von Sanchi, der legendäre Herkunftsort des Aschoka-Sohnes Mahinda, steht tatsächlich am Anfang der beschriebenen Entwicklung der buddhistischen Mission zur Zeit Aschokas, dessen Bedeutung für den Buddhismus wahrscheinlich die eines Konstantin für das Christentum noch übertrifft.

Die Mahavansa-Chronik nennt Sanchi auch "Chetiyagiri", was als "Stupaberg" zu übersetzen ist. Das heutige Mihintale hingegen hieß, als es noch Jagdrevier der Anuradhapura-Könige war, Missakapabbata. Missaka bedeutet Hain oder Wald. Nach der Einführung des Buddhismus und dem schon unter dem ersten buddhistischen König Devanampiya Tissa begonnenen Ausbau Mihintales zu einem Klosterberg bekam es dann den Namen Chetiyapabbata, wegen der vielen Chetiyas, d.h. Stupas - oder als gezielte Anlehnung an das zentralindische Chetiyagiri, eben Sanchi. Das Mahavansa erklärt den alten Ortsnamen "Chetiyapabbata" damit, dass hier kurzzeitig Originalreliquien des Buddha verwahrt waren, bevor sie nach Anuradhapura überführt wurden; und Chetiyas sind Reliquienstätten. Der heutige Ortsname Mihintale bedeutet "Mihindas Plateau". Die Endsilbe "tale" (mit langem und betontem "e" am Ende) findet sich im Singhalesischen als Endung in Namen von Orten, die auf einem Bergsattel liegen. Das Hauptheiligtum Mihintales, die Ambasthala-Dagoba, liegt in einem Sattel zwischen mehreren Hügelspitzen.

Zurück zu unserer "modernen" Sanchi-Kopie: Der Stupa von Sanchi ist berühmt für die Reliefs an den steinernen Tordurchgängen, den sogenannten Toranas (Foto). Deutlich erkennbar ist, dass die Steinbalken-Bauweise ihre Vorbilder in der Holzarchitektur gehabt haben wird. An den Pfosten zeigen Illustrationen von Jataka-Legenden viele Alltagsszenen des alten Indien. Diese dargestellten Geschichten auf den Relieftafeln der Torpfeiler, die also populäre Passagen aus dem buddhistischen Kanon illustrieren, sind übrigens von nicht geringem Auskunftswert. Sie zeigen Szenen aus vorchristlichen indischen Städten und liefern uns die einzigen Bilder der damaligen Bauweise städtischer Häuser. Von solchen mehrstöckigen Holzbauten ist natürlich im Original nichts erhalten geblieben, so dass diese Reliefs uns das beste Bild von ihnen geben.

Interessant ist auch: Zur Zeit ihrer Anbringung im 1. Jahrhundert v.Chr. wurde Buddha noch nicht bildlich dargestellt. Er ist nur durch Symbole präsent, z.B. leere Throne, Bäume der Erleuchtung, Räder der Lehre und oftmals, als Zeichen für das Nirvana Buddha Gautamas und seinerVorgänger-Buddhas, Stupas (Foto). Auf den Reliefs am Stupa von Sanchi wurde nämlich nicht nur an den historischen Buddha Shakyamuni erinnert, sondern auch an andere Wesen, die vor langer Zeit auf ähnliche Weise die Buddhaschaft erlangt haben sollen. Die Beton-Nachbildungen am Ortsrand von Mihintale sind zwar nicht originalgetreu und erreichen erst recht nicht die künstlerische Qualität der indischen Originale, aber sie geben immerhin die Szenen an den richtigen Stellen wieder und bieten einen brauchbaren Gesamteindruck des Stupas von Sanchi.



b) Aradhana-Felsen mit Mahindas Steinbett

„Mihintale“ (zu betonen auf der zweiten Silbe) bedeutet „Mahinda-Plateau“. Als Einsiedler-Höhle des legendären ersten buddhistischen Missionars in Sri Lanka wird eine nach zwei Seiten hin offene natürliche Felskammer angesehen, in deren Boden ein Rahmen vom Umfang eines Betts graviert ist (Foto). Ähnliche sogenannte Steinbetten aus der Antike finden sich in mehreren Felshöhlen für Mönche und Einsiedler im Kulturdreieck. Man erreicht diese "Mahinda-Höhle" bzw. ihr "Mahinda-Bett", indem man an der Ambasthala-Dagoba vorbei geht und dort wieder einen Treppenweg nach unten nimmt.

Er führt auf halbem Wege an einem kleinen Hinduschrein (Foto) für Ganesha vorbei, der sich malerisch an alte Mauern unterhalb eines Felsüberhangs anlehnt. Auch die Mahinda-Höhle selbst hat wegen des vertikal aufragenden Felsens, in dem sie sich befindet, ihren eigenen Reiz. Auf dem Rückweg kann man an den Rasthütten einen Kräutertee trinken, gewonnen aus einem Heilkraut, für das die Umgebung Mihintales bekannt ist, er gilt als besonders magenfreundlich. Man isst dabei zum ungesüßten Tee etwas Malzzucker.

Mahindas Bett liegt also auf halber Höhe des Sila-Gala, was „Tugend-Felsen“ bedeutet. Er wird auch Aradhana-Gala genannt, was „Huldigungs-“ oder „Zusammenkunfts-Felsen“ heißen kann. Der Name erinnert daran, dass von diesem Fels aus das erste Predigtwort Mahindas ergangen sein soll. Auf der Felsspitze (Foto) sei Mahinda überhaupt erst aus Indien eingetroffen, er war ja, so die Legende, durch die Luft gekommen. Als König Tissa aus Anuradhapura in die Hügel Mihintales auf Hirschjagd kam, wurde er von dieser Felsspitze aus beim Namen gerufen. Dort stand Mahinda in gelber Robe, neben ihm vier weitere Mönche sowie ein Novize und ein Laie. Am Fuß des Felsens begann dann das denkwürdige Gespräch mit dem König, dort, wo jetzt die Ambasthala-Dagoba steht.

Die Zahl von insgesamt fünf vollordinierten Mönchen ist kein Zufall, denn soviele Mönche sind laut der buddhistischen Ordensregel, die man im Vinaya-Korpus des buddhistischen Kanons findet, erforderlich, um eine gültige Ordination eines neuen Mönchs vorzunehmen. Und genau darum geht es ja im Mahavansa-Bericht, um die Schilderung der Gründung des Ordens und damit die Etablierung des Buddhismus auf Sri Lanka.

Die Begegnung mit Aschokas Sohn Mahinda war laut Mahavansa nicht der erste Kontakt des Singhalesen-Königs zum indischen Kaiser. Tissa war den Chroniken zufolge erst kurz zuvor seinem Vater Mutasiva auf den Thron gefolgt. Wegen des wundersamen Auftauchens von Schätzen während der Krönung entschied Tissa, sie seinem fernen Freund Aschoka zukommen zu lassen. Aschoka bedankte sich durch Zusendung von Krönungsrequisiten und Instruktionen für eine angemessene zweite Inthronisation, mit der Tissa den Titel Maharaja annahm. Das deutet indirekt darauf hin, dass Anuradhapuras Herrscher bis dahin kaum als Könige angesehen werden können; Herrscher der gesamten Insel ist auch Tissa wohl nie geworden, trotz der neuen Titulatur. Später nannte er sich ja sogar nach seinem indischen Vorbild noch vornehmer Devanampiya, sein entsprechender singhalesischer Name ist Devanape Tissa; und die Sanskrit- und Prakrit-Entsprechung lautete „Devanampriya“ - eben die Selbstbezeichnung Aschokas. Unter dem selben Ehrentitel nämlich verfasste Aschoka ja Inschriften, in denen der Eigenname Aschoka nicht erscheint, was die Zuschreibung zunächst erschwerte. Erwähnungen Aschokas in Sri Lankas Dipavansa-Chronik erst halfen, die schon etwa 1835 von Prinsep in Delhi entzifferten Inschriften als Edikte des großen indischen Kaisers zu identifizieren.

Die Besteigung des Sila-Gala ist möglich. Man kann dazu alte Trittstufen im Felsen benutzen, heute ist man zusätzlich an der Seite durch ein Eisengeländer abgesichert. Auf halber Höhe befindet sich rechts eine Felsspalte, durch die man hindurchgehen kann, um zum von Touristenführern so genannten "Meditationsfelsen" (Foto) zu gelangen; es handelt sich um ein Steinbrett, das über den Abgrund ragt, auf dem man im Schatten der Felswand meditieren - und dabei ein immerhin ansehnliches Souvenirfoto von sich machen lassen kann.

Vom Gipfel des Sila-Gala bzw. Aradhana-Gala hat man eine gute Aussicht über den Kloster-Bereich, der recht malerisch um einen üppig grünen Bergsattel liegt (Foto), wodurch er sich von den kargeren Ebenen der Umgebung zusätzlich abhebt. Von hier aus gesehen links dieses Ambasthala-Plateaus liegt auf einer Hügelkuppe Mihintales größter Stupa, der strahlend weiß leuchtende Mahaseya. Am gegenüberliegenden Hügel rechts sitzt eine ebenso leuchtend weiße neue Monumentalskulptur Buddhas, über deren Gelungenheit sich streiten lässt.

Das gesamte Gelände wird auch Mihintale-Kanda genannt, Kanda ist ein singhalesisches Wort für Berg. Tatsächlich war dies ein geeignetes Jagdrevier für die Könige Anuradhapuras. Aber nach seiner Bekehrung hat Tissa - oder Devanampiya Tissa, wie er sich fortan nannte - Mihintale nicht nur als ersten Klosterberg eingerichtet, sondern aus Frömmigkeit das Jagen hier für die Zukunft verboten. Man spricht deswegen gerne von Mihintale als dem ältesten Naturschutzgebiet der Welt. Den Hintergrund für diesen ehrenwerten Superlativ bildet die Predigt Mahindas. Sinnigerweise predigte er dem König die fünf buddhistischen Laiengebote und hob besonders das Gebot des Schutzes allen Lebens hervor, indem er den König gemahnte, er sei nur Herrscher auf der Insel, aber nicht ihr Eigentümer, das Land gehöre allen Menschen und Tieren gleichermaßen, die darauf lebten. Anders als das biblische Tötungsverbot beziehen die indischen Parallelgebote immer auch ausdrücklich tierisches Leben ein, worauf, angesichts des Jagdtreibens, Mahindas Predigt gezielt abgehoben haben soll. Und so bildet dies - neben der Einschränkung der Herrschergewalt durch einen Mönch - eine besondere Pointe der Mahinda-Geschichte: Aus dem Jagdrevier des Singhalesenkönigs wird durch seine Konversion zum Buddhismus das genaue Gegenteil, ein Tierreservat. Drastischer kann die Umkehr kaum symbolisiert werden. Hinzu kommt, dass der Bericht der Chroniken nicht nur ein räumliches Zeichen für die neue Religion setzt, sondern auch ein zeitliches: Die Begegnung Mahindas mit dem König habe am Tage des Staatsfestes von Anuradhapura stattgefunden, zu dessen Abschluss der König einen Jagdausflug zu unternehmen hatte. Aus dem Fest mit der rituellen Tiertötung wird nun das Fest der Einführung des Buddhismus mit seiner Lehre der Schonung aller Lebewesen. (Allerdings wurden große Prozessionen zu Ehren des Missionars Mahinda während der Anuradhapura-Zeit nur sporadisch veranstaltet.) Tatsächlich kann sich gerade der Tierschutz auf das Vorbild des historischen Aschoka berufen, der die Fürsorge für die Tiere als zentralen Teil seines in der Welt verbreiteten Dharma in seinen Inschriften hervorhebt. Viele der Edikte Aschokas enthalten Einschränkungen von Tier-Tötungen. Abwegig ist die Legende vom Schutzgebiet aus der Aschoka-Zeit schon deshalb nicht, weil in Mihintale als einem nunmehr heiligen Ort, an dem Mönche siedelten, sicherlich Tierjagd ausgeschlossen war. Die weltweit erste auch inschriftlich belegbare ausdrückliche Einrichtung eines Tierschutzgebietes übrigens stammt auch von einem König Sri Lankas, nämlich Nissanka Malla im 12. Jahrhundert, obgleich in Mihintale behauptet wird, auch eine hiesige Inschrift Weise die Hügelgruppe bereits als Tierschutzgebiet aus.



c) Ambasthala-Dagoba

Ambasthala lautet übersetzt „Mangohöhe“ oder auch „Mangoort“. Diese Dagoba (Foto) markiert der Legende zufolge die Stelle, an der sich ein Mangobaum befand, um den sich ein interessantes Ratespiel entspann, mit dem Mahinda freilich nur die Geisteskraft seines königlichen Gegenübers testen wollte, um sicher zu gehen, dass der für die Aufnahme des Buddhismus überhaupt reif genug sei.

Das Quiz verlief so: Mahinda fragt den König zuerst, was für ein Baum das sei, der da stehe? Tissa sagt, es handele sich um einen Mangobaum. Dann fragt Mahinda weiter, ob es außer diesem hier noch andere Mangobäume gebe? Das bejaht der König wahrheitsgemäß. Nun will Mahinda wissen, ob es denn außer Mangobäumen noch weitere Arten Bäume gebe, was Tissa nur wiederum bejahen kann. Doch schließlich erkundigt sich Tissa, und zwar in einer sehr original buddhistischen Weise Logik, ob es vielleicht außer den andern Mangobäumen und all den Bäumen, die keine Mangobäume sind, wiederum noch mehr Bäume gebe? Auch dies bejaht Tissa erstaunlichwerweise richtig, nämlich mit: „Ja, diesen hier!“ Denn Mihintales Mangobaum ist ja ein Baum, der weder kein Mangobaum noch ein anderer Mangobaum als er selbst ist. Die nun an diese Rätsellogik erinnernde Mango-Dagoba gilt außerdem vielen als Behältnis für Mahinda-Reliquien. Ein Stupa ist, wenngleich meist nur symbolisch, auch ein Grab, ähnlich wie ein christlicher Altar.

Architektonisch ist die Ambasthala-Dagoba (Foto) sehenswert als typisches Beispiel für einen Rundtempel, einen sogenannten Vatadage, der eine Besonderheit Sri Lankas ist. Um die Halbkugel des eigentlichen Stupa laufen dabei noch konzentrische Ringe von Steinsäulen. Sie trugen einst ein Holzdach, das nicht erhalten blieb. So konnten die Pilger vor Sonne oder vor Regen geschützt die Dagoba umwandeln. Diese Vatadage-Form, die man auch „Stupa-Tempel“ nennt, da ein begehbarer Schrein als Verehrungs-Bildnis in seiner Mitte einen Stupa enthält, gibt es seit dem 7. Jahrhundert auf Sri Lanka und in dieser Art nur dort. Im Falle der Ambasthala handelt es sich, wie bei den Vatadages Anuradhapuras, um eine spätere Umgestaltung eines ehemals reinen Stupas. Die Säulen sind also ergänzt worden. Der Kernbau des Stupas wird bei der Ambasthala vielleicht noch aus dem ersten Jahrhundert vor Christus stammen. Das ist übrigens die Zeit der ältesten archäologisch gesicherten Daten über den Buddhismus auf Ceylon. Eine erste Ausbaustufe zum Vatadage könnte bereits im 3. nachchristlichen Jahrhundert mit Holzsäulen vorgenommen worden sein. Der Kern dieses Baus könnte noch aus der Zeit Devanampiya Tissas selbst stammen. Urkundlich erwähnt sind Ausbauten an der Ambasthala unter König Mahanaga zu Anfang des ersten Jahrhunderts nach Christus. 

Der Stupa-Körper hat erst im zwanzigsten Jahrhundert seine heutige Erscheinung erhalten, als die kuppelartige Rundung geglättet und weiß übermalt wurde. Solche kostspieligen Renovierungen sind von Zeit zu Zeit wieder nötig, weil sonst an vielen Stellen die Farbe vom Regen so weit wieder abgewaschen wird, dass der Stupa bald wie eine graue Betonkuppel aussieht und damit viel von seinem malerischen Reiz einbüßt.

König Tissa nahm Mahinda mit nach Anuradhapura, wo sie das Mahavihara gründeten. Und gerade dies ist, textkritisch gesehen, der Sinn der Mahinda-Legende, nämlich die herausragende Stellung des Klosters Mahavihara zu belegen, von dessen Mönchen die Inselchronik Mahavansa verfasst wurde. Den Vorrang des Mahavihara vor den Konkurrenzklöstern zu erklären, war im 6. Jahrhundert, zur Zeit der Abfassung des Mahavansa in der Pali-Sprache, durchaus keine Selbstverständlichkeit, sondern fast eine Art Polemik. Denn das Abhayagiri-Kloster war längst größer und mindestens gleich bedeutend geworden, so bedeutend immerhin, das ausgerechnet Mihintale inzwischen dem Abhayagiri angeschlossen war und nicht mehr dem Mahavihara unterstand.

Bei der Ankunft der Mönche auf Sri Lanka sollen Wahrsager ausgerufen haben: „Sie werden Herren der Insel sein.“ Das Wort für Herren „issara“ hat dabei durchaus den weltlichen Sinn von Herrschern. Größte Grundherren und damit Wirtschaftsmacht sind die Klöster in der späten Anuradhapura-Zeit auch geworden. Außerdem wurden sie politisch einflussreich, z.B. bei der Bestimmung des Thronfolgers. Eine weltliche Vorrangstellung gegenüber dem König haben sie allerdings nicht beansprucht, das Verhältnis zwischen geistlichem und weltlichem Zentrum war meist kooperativ. Trotzdem (oder darum bedenkenlos) schenkten die Könige später, einer Tradition Tissas folgend, nach ihrer Krönung symbolisch das Königreich dem Orden, um es aus dessen Hand gleich wieder zur Verwahrung zurückerstattet zu bekommen. Dieses enge Verhältnis zwischen König und Sangha sollte durch Rückführung auf Aschoka, Mahinda und Tissa im Mahavansa legitimiert werden. Dies ist gewiss ein weiterer Grund für die Erzählungen, wie man sie in den einst von Mönchen verfassten Chroniken nun findet.

Wo der Steintreppen-Weg das Plateau der Ambasthala-Dagoba erreicht, befindet sich noch einige Treppenstufen unterhalb des Kassenhäuschens rechter Hand ein abgezäunter Bereich um eine ziemlich große Felsinschrift (Foto). Man kann sie kaum übersehen. Sie ist fast 9m breit und 5m hoch. Leider ist der Mittelteil kaum leserlich, so dass von jeder Zeile nur Anfang und Ende identifizierbar sind. Bereits 1850 wurde diese Inschrift erstmals von einem Captain Chapman dokumentiert. Lesbar sind die Namen von Reisfeldern und Tanks, die dem Kloster gestiftet wurden, einige davon sind auch aus anderen Inschriften bekannt und lokalisierbar.Erwähnt wird auch der Name Mahindas. Diese Inschrift stammt vielleicht erst aus dem 3. oder 4. Jahrhundert, wird aber von Mihinatels Kloster dem König Mahadatthika Mahanaga im 1. Jahrhundert n. Chr. zugeschrieben. Die sehr geometrischen Buchstaben sind Brahmi, die Sprache ist nicht Pali, sondern ein Vorläufer des Singhalesischen.

Im Umkreis der Ambasthala befinden sich noch einige kleinere Felsinschriften aus ungefähr dem gleichen Zeitraum. Eine markante sieht man Aufgang zum Felsen des großen weißen Stupas Mahaseya. Auch sie erwähnt Schenkungen, und zwar einer königlichen Familie, an den Klosterberg Mihintale. Daneben liegen jüngere obeliskenartige Steinpfeiler mit Inschrifen in singhalesischen Buchstaben (Foto).

Eine bemerkenswerte Inschrift von 21 Zeilen befindet sich auf einem Felsen links hinter dem Tickethaus am Zugang zur Ambasthala-Dagoba. Man sieht sie nicht vom Bodenniveau aus, sondern man muss wenige Meter in Richtung der weißen Kolossalstatue des Sitzenden Buddha hinauf steigen, was aber bequem möglich ist. Am besten erkundigt man sich bei einem einheimischen Führer, um sie nicht zu verfehlen. Ein ziemlich breiter Abschnitt des Felsens hier ist mit Buchstaben übersät. Es handelt sich um eine der ganz seltenen Sanskrit-Inschriften Sri Lankas (Foto). Sie ist stark beschädigt, nur einige Fragmente sind entzifferbar. Doch was lesbar ist, ist außergewöhnlich. Der Text behandelt nicht Stiftungen eines Laien, sondern enthält formelhafte Gebete eines Mönchs. Mit der Erwähnung von "Bodhisattva-Tugenden" sowie der drei Buddakörper (trikaya), von denen einer (nirmanakaya) vollständig und ein weiterer (sambhogakaya) teilweise entzifferbar ist, gilt diese Felsinschrift als wichtiges epigraphisches Dokument für Mahayana-Einflüsse, ja als die älteste bekannte Mahayana-Inschrift Sri Lankas überhaupt, etwa ins 8. Jahrhundert datierbar. Allerdings scheinen die Mahayana-Kenntnisse auf Sri Lanka rudimentär geblieben zu sein. Zitate oder Übersetzungen aus den großen Mahayana-Sutren finden sich selten in Inschriften. Die Mahayana-Felsinschrift an der Ambasthala ist in einer eigentümlichen Variante der Grantha-Schrift verfasst, wohingegen man in Mihintale sonst das Brahmi der frühen oder die singhalesische Buchstaben der späten Anuradhapura-Zeit benutzte. Wahrscheinlich stammt der Typ Grantha dieser Inschrift aus der Zeit der zunehmenden direkten Einflussnahme Südindiens auf Sri Lanka, also aus der Pallava-Zeit im 7. Jahrhundert. Die Pallavas haben für ihre indischen Felsinschriften eine eigene Variante des schon sehr viel älteren Grantha entwickelt.

Grantha ist nach Brahmi, von dem es sich herleitet, die nächste Stufe der Schriftenwicklung im südindischen Raum. Etwa um die Zeitenwende haben sich in Nord- und in Südindien getrennte Schriftsysteme entwickelt. Grantha-Inschriften finden sich in den südlichen Teilen Indiens, die keine indogermanischen, sondern drawidische Sprachen sprechen. Auch die heutigen drawidischen Alphabethe, insbesondere das tamilische Vatteluttu, sind wahrscheinlich auf das Grantha zurückzuführen. Etwa im 6. Jahrhundert nach Christus tauchten dann die frühesten Formen des heutigen tamilischen Vatteluttu-Alphabeths auf. Daneben blieb die alte Grantha-Schrift aber ebenfalls in Gebrauch, und zwar für Texte in Sanskrit, die von den aus Nordindien eingewanderten Brahmanen-Familien auch an südindischen Fürstenhöfen für Zeremonialzwecke benutzt wurden. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurden die Heiligen Schriften der Hindus in Südindien in Grantha-Buchstaben geschrieben und nicht in den Nagari-Buchstaben der Hindi-Sprache, die heute für die Wiedergabe von Sanskrittexten allgemein gebräuchlich sind. In den Kommentaren zu Heiligen Sanskrit-Texten haben südindische Brahmanen sogar Grantha- und Tamil-Buchstaben nebeneinander benutzt, im gleichen Satz, manchmal sogar im gleichen Wort. Und zwar immer die Sanskrit-Teile (Sätze, Wörter oder auch nur Silben) wurden im altertümlichen Grantha geschrieben. Anders ausgedrückt: Obwohl also Grantha im drawidischen Raum heimisch ist, wurde es dort nicht nur zum Vorläufer der Schriftsysteme drawidischer Sprachen, sondern blieb es selbst in Gebrauch zur Wiedergabe indogermanischer Worte. Darüber hinaus entwickelten sich aus dem Grantha weitere Schriftsysteme für ganz andere Sprachgruppen, so für sinotibetische Sprachen in Birma und Thailand. Und nicht zuletzt hat sich auch die heutige Schrift des indogermanischen Singhalesisch aus dem südindischen Grantha entwickelt. Tamilische und singhalesische Buchstaben haben also mit Grantha einen gemeinsamen Ahnherren, obwohl die gesprochenen Sprachen selbst nicht miteinander verwandt sind.

Bei der Grantha-Inschriftt Mihintales handelt es sich wahrscheinlich um die einzige epigraphische Erwähnung der Trikaya-Lehre des Mahayana überhaupt, also der Lehre von den 3 Buddhakörpern, die vor allemn in der Schulrichtung des Yogacara entwickelt wurde und in der tantrischen Frömmigkeit des Himalaya-Raums eine große Rolle spielt. Älter als die epigraphischen Evidenzen für Mahayana-Einflüsse auf Sri Lanka sind die ikonographischen, also Abbildungen von Mahayana-Figuren. Und bekanntlich berichten die Chroniken detailliert über die Einführung für mit dem Mahayana zu identifizierende Irrlehren schon ab dem 3. Jahrhundert. Die ein halbes Jahrtausend jüngeren Inschriften mit Mahayana-Begriffen in Mihintale scheinen jedoch weniger mit der alten Konkurrenz zwischen den Klöstern Mahavihara und Abhayagiri zu tun zu haben, die in den Chroniken ihren Niederschlag fanden, als vielmehr mit späteren Mahayana-Einflüssen vom indischen Festland her. Die Mahayana-Inschriften Mihintales fallen in eine Zeit buddhistischer Missionen, die von Kaufleuten des Pallava-Reiches im südindischenTamil-Nadu ausgingen, man kann hier geradezu von "tamilischen Laien-Buddhisten" sprechen, bei denen es sich freilich nur um eine Minderheit im Pallava-Reich handelte. Stifter-Inschriften solcher Gilden finden sich vor allem nahe Naturhäfen an der von Tamilen dominierten Ostküste der Insel, und zwar in der gleichen Pallava-Variante der Grantha-Schrift, die man aus Südindien kennt. Dass man einen ähnlichen Sanskrit-Text auch im Herzen des singhalesischen Königslandes Rajarata antrifft, spricht gegen die ideologische These tamilischer Separatisten, der in der Pallava-Zeit wieder neu einströmende Mahayana-Buddhismus sei wegen seines tamilischen Charakters auf Sri Lanka verketzert worden.



d) Mahaseya und Mihinduseya

Die auffälligste Dagoba des gesamten Mihintale-Kanda ist gewiss Mahaseya, etwas südlich oberhalb der Ambasthala-Dagoba gelegen und von dort bequem über einen Treppenweg erreichbar. Weithin sichtbar ist sie das markante Wahrzeichen der Mihintale-Hügelgruppe (Foto). Diese Haupt-Dagoba selbst ist 21m hoch, in der typischen Stupaform Sri Lankas errichtet, der Blasenform namens Bubulakara, etymologisch verwandt mit englisch "bubble". Doch ihre Größe und vor allem ihre strahlend weiße Farbe sind das Ergebnis von Umgestaltungen erst in jüngerer Zeit. Ursprünglich ist sie im 10. Jahrhundert über ein weißes Haar Buddhas erbaut worden, das ihm zwischen den Brauen, also an einem der magischen Punkte eines höheren Wesens, gewachsen war.

Das Haar der Zwischenbraue, also an der Stelle, wo hinduistische Gottheiten wie Shiva gern ihr drittes allsehendes Auge zu haben pflegen, heißt Urnaroma. Es wird im Mahayana-Buddhismus zu den 112 Würde-Zeichen des ewigen Leibs (Sambhoga-Kaya) Buddhas gerechnet, oder generell in der älteren buddhistischen Ikonographie zu den 32 Zeichen eines Mahapurusha, eines "großen Mannes"; gemeint ist damit ein Wesen, aus dem entweder ein Weltenherrscher (Chakravartin) oder eben ein Buddha wird. Manchmal wird außerdem die riesige Mahaseya als Dagoba für die Mahinda-Reliquien ausgegeben oder der kleinere und ältere Ziegelsteinstupa unmittelbar daneben:

Auf der Plattform der Mahaseya finden sich verschiedene kleinere Relikte aus der Anuradhapura-Zeit, vor allem im Südwesten der altertümliche flache, teilweise eingestürzte Ziegelbau des Mihinduseya. Meistens gilt dieser Bau, der zu den ersten in Mihintale gehören dürfte, als der Aufbewahrungsort für den Teil der Asche Mahindas, der nach der Kremation in Anuradhapura in sein Residenzkloster Chetiyapabbata überführt wurde. Andere Teile der Asche wurden über das ganze Land verteilt. Wenn diese Identifizierung als symbolisches Grab des Mahinda richtig ist, lässt sich der Bau des Mihinduseya mit Hilfe der Chroniken, datieren, da sie berichten, dass König Uttiya um 200 v.Chr einen Stupa über Mahindas Asche auf dem Mihintale-Berg Chetiyapabbata errichten ließ. Im Schutt des Stupa-Hügels fanden sich zudem Ziegel mit Resten von Inschriften einer besonders altertümlichen Art von Brahmi-Buchstaben, was ebenfalls eine Datierung in die früheste Zeit des Buddhismus auf Sri Lanka erlaubt. Nach der völligen Beseitigung der Trümmer 1951 wurde das Innere des Stupas untersucht und dabei eine ungewöhnliche Urne aus Keramik entdeckt, deren Gestaltung keine Ähnlichkeit zu bekannten Stilen im indischen Raum aufwies. Die dreiteilige Keramik hatte drei Hohlräume, in zweien davon fanden sich vergoldete Reliquiare in der Form sehr altertümlicher Stupas, wie man sie aus Sanchi kennt. Beide enthielten Reste von Knochen und Asche. In einer weiteren Reliquienkammer fand man Buddhafiguren aus Bronze, die etwa ein Jahrtausend jünger sein dürften als die Reliquiare in Stupaform.

An die Westseite der Mahaseya grenzt ein neuer Schrein, mit einem Liegenden Buddha im grellbunten Geschmack vieler jüngerer Statuen Sri Lankas. Wer ihn besuchen mag, wird eine Donation in einen Glaskasten voller Scheine werfen müssen, auch wenn er weiter unten an der Ambasthala schon offiziellen Eintritt sowie Schuhverwahrungsgebühr bezahlt hat.

Mihintale ist also, wie man an den vielen verschiedenen Baukomplexen sieht, in der Anuradhapura-Zeit im Laufe von mehr als einem Jahrtausend immer weiter ausgebaut worden. Neben dem Bo-Baum in Anuradhapura war dieser legendäre Ort der Einführung des Buddhismus die bedeutendste Wallfahrtsstätte Sri Lankas, und zwar von frühester Zeit an, als die hiesigen Regenten wie Devanampiya Tissa ihre Herrschaft noch nicht über die gesamte Insel ausgedehnt hatten. Aber buddhistische Pilger kamen bereits aus allen Landesteilen zu ihren Hauptheiligtümern. Und gerade dies dürfte ein Grund für die Annahme und Förderung dieser Religion durch die frühen Herrscher Anuradhapuras gewesen sein: Sie bekamen damit landesweiten Einfluss. Der Buddhismus stärkte sie gegenüber ihren Konkurrenten, den andern Ayas, Rajas oder Maharajas der Insel. Die Errichtung einer zentralen Herrschaft über ganz Lanka gelang schließlich dem Heros des Mahavansa, dem singhalesischen Musterkönig Dutthagamani, und zwar mit Hilfe des buddhistischen Sangha.

Die Geschichtschroniken berichten von Königen bis in die Zeit Mahanagas Anfang des ersten nachchristlichen Jahrhunderts, dass sie in Mihintale besonders prächtige Pilgerfeste abgehalten haben. Auch dies dürfte der Stärkung der administrativ eher fragilen Zentralmacht gedient haben. Die spätere  Wiederaufnahme eines solches prachtvollen Pilgerfests wird Meghavanna im 4. Jahrhundert zugeschrieben, der eine Prozession für eine Goldstatue Mahindas veranstaltete. Sein Vater Mahasena hatte durch die von ihm geförderten Ordensspaltungen Zwietracht im Lande gesät und Unmut geerntet. Zur Betonung der Einheit des Landes dienten - trotz der fortbestehenden Ordensspaltungen - dem Sohn und Nachfolger Meghavanna bezeichnenderweise solche staatlichen Volksfeste. Der gleiche König führte zum Sammeln der Pilger aus allen Landesteilen und zur symbolischen Präsentation der Einheit des Landes übrigens ein noch bedeutenderes Fest Sri Lankas ein, das in der Neuzeit ebenfalls wieder aufgegriffen werden sollte: die Prozession für den Heiligen Zahn, die Nationalreliquie, die just in Meghavannas Regierungszeit aus Indien auf die Insel verbracht wurde.

Heute wird Mihintale bisweilen zu den 16 buddhistischen Hauptpilgerzielen der Insel gezählt, den sogenannten Solosmasthana, die meistens durch den Buddha selbst geheiligte Orte sind und von denen sich acht  in Anuradhapura befinden, die Atamasthana. Unter diese acht wird manchmal statt der relativ unbedeutenden Sela-Dagoba in Anuradhapura das Ambasthala-Plateau in Mihintale gerechnet. Alle 16 Orte sind dadurch ausgezeichnet, dass der Buddha an ihnen während seiner drei mythischen Reisen nach Sri Lanka, von denen das Mahavansa berichtet, eine Predigt gehalten haben soll. Erwähnt wird solch eine Buddha-Predigt für Mihintale im Mahavansa nicht, aber nach dem Volksglauben hat er nahe der Ambasthala eine gehalten.



e) Naga Pokuna

Verlässt man das Plateau der Ambasthala-Dagoba wieder über den Treppenweg, dann zweigt beim Hinabsteigen bald auf der linken Seite ein Pfad ab, der durch den Buschwald in einem Bogen halb um den Hügel führt. Er ist leicht zu begehen und stellt auch die schnellste Verbindung zum hinteren Teil der Hügelgruppe her, insbesondere erreicht man hier bald den Treppenweg zum Et Vihara (s.u.).

Schon nach etwa zweihundert Metern öffnet sich eine kleine Lichtung, die zu den angenehmsten Plätzen für eine Rast gehört, die Mihintale zu bieten hat. Nach rechts blickt man über die Nachbarhügel Mihintales in die Ebene und kann bei klarer Sicht die Riesendagobas von Anuradhapura liegen sehen. Links vom Weg liegt hier ein steiler Felshang, der deutliche Spuren menschlicher Bearbeitung aufweist. An seinen Füßen dehnt sich das etwa 12m lange "Kobra-Bad" aus, das Naga Pokuna (Foto). Es trägt seinen Namen von dem großen Kobrakopf-Relief, dass in den Felshang graviert ist und den Teich beschirmt. Es handelt sich um ein typisches Naga-Relief. Fünf Kobraköpfe nebeneinander fächern sich so auf, dass sie scheinbar auch einen einzigen Gesamt-Kobrakopf bilden. Dieses Motiv erinnert an die Legende, dass der Buddha bei seiner Meditation vor einem Gewitterregen von einer Kobra geschützt worden sein soll, die dazu ihren gespreizten Kopf über ihn erhob. Naga-Schlangen gelten in der indischen Kunst generell als Symbole der Fruchtbarkeit, insbesondere des Quellwassers, weil es so aus dem Untergrund quillt wie die Schlangen aus ihren Erdlöchern schleichen oder weil die Schlangen gleichzeitig mit dem Regenwasser aus der Erde kommen.

Wahrscheinlich handelt es sich bei diesem Bad um eine ursprünglich natürliche Felsenfurche, die sich mit Regenwasser füllen konnte und dann ein natürliches Badebassin bildete, das später weiter ausgemeißelt und ummauert wurde, um noch mehr Regenwasser zu sammeln. Solche Bassins, freilich in viel bescheideneren Dimensionen, finden sich an vielen Felsenklöstern Sri Lankas als spartanische Badeteiche der Mönche, oft wie hier in Hanglage, um viel Regenwasser vom Felsen zu sammeln. Aber keines erreicht die Größe und Schönheit des Kobra-Bads von Mihintale, das selbst heutige Besucher noch zu einem Bad einlädt.  
 
Beim Naga Pokuna handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um denjenigen Ort auf der Hügelgruppe, von dem die Mahavansa-Chronik berichtet, dass Mahinda hier nach seiner Rückkehr vom Königshof in Anuradhapura ein Bad nahm, bevor er gemäß seiner Mönchsregel seine erste Regensaison auf dem Klosterberg Mihintale abhielt, der zu diesem Zweck vom König eingerichtet wurde.

Die Chulavansa-Chronik berichtet, dass König Aggabhodi I. um 600 n.Chr. am Chetiyapabbata, wie Mihintale damals hieß, einen Teich namens "Nagasondi" mit einem permanenten Wasserzufluss versorgte, was einen Ausbau durch Zuführung von Quellwasser andeutet. Seit dieser Zeit dürfte der Naga Pokuna zum Hauptverteiler für das Irrigationssystem des Klosterberges ausgebaut worden sein.



f) Et Vihara

Die südlichste Erhebung der Mihintale-Hügelgruppe ist mit 309 m auch die höchste. Auf der Spitze der gesamten Hügelgruppe Mihintale-Kanda steht natürlich eine Dagoba (Foto), ihr Name lautet „Et Vihara“, auch "Et Vehera" genannt. Sie ist über einen langen Treppenweg erreichbar. Der Aufstieg mag etwas mühsam sein, aber der bei weitem schönsten Aussicht im Raum Anuradhapura wegen lohnt er sich.

Et Vihara gilt aufgrund seiner disponierten Lage und wegen der Altertümlichkeit manchen auch als der wahrscheinlichere Verwahrungsort der Mahinda-Reliquien, die aber meist anderen markanten Stupas zuerkannt werden, so der großen weißen Mahaseya oder dem kleinen Ziegelstupa Mihinduseya neben ihr oder wie gesagt der Ambasthala-Dagoba.

Vihara heißt im Sanskrit wörtlich etwa „einrichten, anordnen“. Gemeint ist im religiösen Zusammenhang des indischen Brahmanismus insbesondere das Bereiten eines Opfers, und dazu gehört auch der Ort, den der Priester sakral herrichtet. So ist eine wörtliche Bedeutung von Vihara ursprünglich Opferstelle. Doch im Buddhismus, in dem zunächst dem Opferkult keine Heils-Bedeutung zugesprochen wurde, nannte man Viharas Gebäude einer bestimmten sehr alten Bauform, die einen quadratischen Hof mit vielen kleinen Mönchszellen an den Seiten aufweist. Und damit bürgerte sich der Name Vihara bald schlechthin für Klosteranlage ein. In Sri Lanka heißen Klöster aber häufig Parivena, was eigentlich Schule meint. Und verwirrenderweise wird Vihara hier oft zur Bezeichnung eines ganz andern Gebäude-Typs benutzt, der mit Mönchswohnungen gar nichts zu tun hat, nämlich, wie im Fall des Et Vihara, für Stupas bzw. Dagobas.

Hingegen ist unbekannt, was „Et“ heißen soll. Meist ist die Bedeutung des Stupa mit „Elefanten-Dagoba“ angegeben, da „Äta“ im Singhalesischen Elefant mit Stoßzahn (Tusker) meint. Oder man muss es vom Pali-Wort „hatthi“ herleiten, jedoch werden Elefanten in religiösen Zusammenhängen meist mit dem Paliwort „gaja“ benannt. „Et“ ist im Sanskrit der Wortstamm für „dies“, allerdings ist „eti“ außerdem der Name einer Hirschart. Wegen der Legende von Tissas Jagd scheint gerade dies eine Erklärung für den befremdlichen Dagoba-Namen sein. Doch Hirsche Sri Lankas werden so nicht benannt. Am wahrscheinlichsten ist die Herleitung des Stupa-Namens von "atul" für "innen". Et Vihara, was nicht der originale Name dieser Dagoba zu ihrer Gründungszeit sein dürfte, hieße dann "Innerer Tempel". Damit könnte gemeint sein, dass es sich beim höchsten Punkt Mihintales auch um den innersten Teil der Anlage handelt. In Wahrheit aber liegt das Zentrum des Klosterbereichs in den Bergsätteln zwischen den Hügeln und der Et Vihara am äußersten Rand des Klosterareals, dementsprechend könnte mit "Innerer Vihara" stattdessen gemeint sein: noch zum inneren Kreis um das Kloster gehörend. Am Stufenweg zum Stupa fand sich eine Steininschrift, die ihn Paribada Ceta nennt, was dem Paliausdruck "Paribhanda Chetiya" entspräche und als "begleitender Stupa" übersetzt werden kann. Die Inschrift erwähnt als Stifter einen König Naka, der mit dem aus den Chroniken bekannten Mahadathika Mahanaga identifiziert wird, der in der Zeit kurz nach Christi Geburt regierte. Die fast ein Jahrtausend jüngeren großen Mahintale-Tafeln von Mahina IV. nennen den Stupa Kiriband pau Dagaba.

Man nennt Et Vihara, um die Verwirrung komplett zu machen, des weiteren einfach „ferne Dagoba“, denn im Singhalesischen heißt „Äta“ tatsächlich „fern“, wenn man das Wort mit langem „Äh“ spricht. In indischen Sprachen sind lange und kurze Vokale im Alphabet stets klar unterschiedene Buchstaben, weil, wie gesehen, die Bedeutung des Wortes davon abhängt, wie lang der Vokal gesprochen wird. Bedeutungstragende Laute nennt die Linguistik Phoneme, und die können mitunter für uns recht ungewohnte Unterscheidungen vornehmen; in so gut wie allen Sprachen Indiens, auch drawidischen, gibt es z.B. zwei „T“, beim einen mit Zungenspitze vorn, beim andern hinten am Gaumen.

Alle Bezeichnungen, ob sie "noch zum Inneren Kreis gehörend", "begleitend" oder "entlegen" meinen, haben immerhin gemeinsam, dass sie sich darauf beziehen, dass Et Vehera als am Rande des Hauptklosterarals gelegen charakterisiert wird.


g) Sinha Pokuna

Einfach zu erreichen ist eine kunsthistorisch bedeutende Sehenswürdigkeit Mihintales, das „Löwen-Bad“ Sinha-Pokuna. Es liegt neben dem alten, oberen Parkplatz auf halber Höhe des Klosterbergs. Es handelt sich nicht wie bei andern Pokunas (z.B. Naga-Pokuna in Mihintale) um einen in den Boden vertieften kleinen Teich, sondern um eine Brunnenanlage mit einer hochgemauerten Steinzisterne. Diese etwa quadratische kleine Zisterne ist hier teils aus dem Granitfelsen herausgeschlagen, teils an der gegenüberliegenden hangabgewandten Seite hochgemauert. An ihrer Westseite steht eine sehr plastisch modellierte Löwenskulptur in aufrechter Haltung. Einst war dies wie gesagt ein Brunnen, das Maul des Löwen diente als Wasserspeier. Mit 2m ist die Löwenstatue eine der größten der Insel, qualitativ wird sie als eine der besten Tierfiguren Ceylons gelobt. Sie stellt den Löwen im Augenblick des Ansetzens zum Sprung dar.

Ebenso der bemerkenswerte Relieffries an der oberen Kante der Zisterne besteht aus recht hochwertigen Arbeiten. Sie zeigen neben Elefanten und Gana-Gnomen auch Löwen in frontaler oder seitlicher Stellung. In der rechten Ecke der Nordseite sieht man eine Gajasinha-Figur, dabei handelt es sich um ein Fabelwesen, das halb Elefant Gaja, halb Löwe Sinha ist. Am schönsten sind die Musik- und Tanz-Szenen (Foto).

Vor dem Sinha-Pokuna ist eine Mulde aus einem Stein gehauen. Man nimmt an, dass hier die weißen Umhänge zum Färben mit Pflanzenfarben eingetaucht wurden, um sie zu orangefarbenen Mönchsroben zu machen. Die gefärbten Stoffe wurden dann in der Sonne getrocknet.

Gegenüber dem Löwen-Speier kann man eine Gruppe von mehreren Bauten mit kleinen Pfeilerhallen auf Podesten sehen. Es sind typische Vihara-Gebäude Ceylons. In Mihintale gibt es viele solche Anlagen. Eine weitere Vierer-Gruppe befindet sich gleich daneben, auf der Terrasse oberhalb des Löwenbrunnens. Für Sri Lankas buddhistische Architektur ist diese Pavillon-Bauweise charakteristisch. Während alte buddhistische Klosterbauten Indiens und Südostasiens meist baulich geschlossene Anlagen waren, handelt es sich bei den Klöstern Sri Lankas eher um weiträumig im Gelände verstreute Ansammlungen kleiner Säulenhallen, von denen viele nicht einmal eine Außenmauer hatten. Sondern die Steinsäulen trugen lediglich ein Holzdach, das vor Sonne und Regen Schutz bot. Solche Pavillons konnten als Wohnungen dienen, oder am Sinha-Pokuna auch als Umkleideräume vor einem erfrischenden Bad.



h) Bojana Sala und Mihintale-Tafeln

Auf halber Höhe liegt in einem Sattel des Mihintale-Hügels unweit des Sinha Pokuna eine Gruppe von mehreren Gebäuden, die als das Zentrum der gesamten antiken Klosteranlage in den Hügeln Mihintales angesehen werden können, wo sich die Mönche regelmäßig versammelten. Man kann diese Gebäudegruppe kaum verfehlen. Erstens treffen sich hier die Auffahrt von Westen (zum früheren Parkplatz) und der steinerne Treppenweg aus historischer Zeit, der am neuen Großparkplatz am Nordabhang der Hügelgruppe beginnt. Zweitens verzweigen sich hier die Waldwege eben zum Hauptpilgerziel Ambasthale, das östlich direkt oberhalb der Gebäudegruppe liegt, sowie zum nordwestlich angrenzenden Hügel des Kantaka-Chetiya und zu dem hinteren, südlichen und höchsten Bereich des Hügelgeländes mit dem Et Vihara.

Bis dort soll der Treppenweg insgesamt über 1000 Stufen haben. Die prächtige Hauptroute der Freitreppe vom Hauptparkplatz im Norden bis zum Ambasthala-Plateau hat etwa 800 Stufen. Sie gelten als der schönste und besterhaltene der vielen Treppenwege Sri Lankas, die oft Mönchen und Pilgern als Meditationspfade dienten. Die Stufen sind teils aus dem Felsen gehauen, teils mit großen behauenen Granitplatten ausgelegt. Die meisten sind Originale, die bei der Restauration nur wieder geradlieniger angeordnet wurden. Der prächtige Treppenweg (Foto) wird flankiert von Frangipanibäumen, auf Pali Araliya genannt, deren weiße Blüten die beliebtesten Mitbringsel der Pilger für die Altäre vor Stupas und Statuen sind. Tieropfer sind im Theravada-Buddhismus verpönt, Blumengaben sind die verdienstvollere Alternative.

Beim Aufstieg zur Ambasthala-Dagoba kommt man also auf halbem Wege ganz von selbst auf das Zwischenplateau mit dieser zentralen Gebäudegruppe des Klosters, die alle linker Hand liegen. Der unterste Bau, etwas abseits in der Nordostecke des Zwischenplateaus gelegen, war das Refektorium (Foto), also der Essenssaal der Mönche, wo sie nicht nur ihre einmal tägliche Mahlzeit einnahmen, sondern sich anlässlich dieser rituellen Handlung auch jeden Vormittag versammelten, um zu kommunizieren.

Ein Refektorium heißt auf Pali, der Gelehrtensprache des Theravada-Buddhismus, „Bojana-Sala“ bzw. "Bojana-Salawa", ganz wörtlich übersetzbar als „Essens-Saal“. Pali ist wie Sanskrit eine indogermanische Sprache, darum ist die Ähnlichkeit der Wörter "Sala" und "Saal" kein Zufall. Da das Essen von den Laienanhängern gespendet wird, was zu den verdienstvollsten Werken eines nicht ordinierten Buddhisten zählt, heißen die Refektorien des Sangha auch Almosen-Säle oder Gaben-Säle, auf Pali Dana Sala. Denn die Mönche nehmen ihre Mahlzeiten als Gaben von den Laien in Empfang. Nach der Ordensregel dürfen sie das Essen nicht einmal selbst kochen. Und genau genommen müssen sie für ihre Mahlzeit mit ihrer Almosenschale, neben der Robe einem der wenigen Besitzgegenstände, die die Ordensregel einem Mönch erlaubt, durch die Dörfer ziehen und an den Häusern still um Essensgaben bitten. In manchen Theravada-Ländern, vor allem in Thailand, ist diese Sitte heute noch verbreitet. Doch in Sri Lanka, wie auch in Birma, hat es sich eingespielt, dass Familien des Dorfes den Mönchen das Essen ins Kloster bringen. Dass diese Sitte sehr alt ist, davon zeugen die antiken Refektoriumsbauten. Ja, in den Großklöstern Anuradhapuras und Mihintales wurden sogar nicht einmal mehr zubereitete Mahlzeiten gespendet. Die originale Ordensregel geht davon aus, dass die Mönche einfach das essen, was die Dorfbewohner von ihrem für sich selbst gekochten Essen übrig gelassen haben. Stattdessen bestanden die Spenden für die Großklöster nun nur noch aus ungekochtem Reis und Gemüse, das erst von Klosterangestellten im Laienstand für die Mönche an Ort und Stelle zubereitet wurde. Diese Helfer u.a. für Küchenaufgaben haben Sri Lankas Klöster bis heute. Und wenn die krank oder aus andern Gründen abwesend sind, kochen Mönche sogar ab und zu selbst.  

Das Refektorium bedeckt eine Grundfläche von etwa 36m Länge und 24m Breite und weist damit eine ähnliche Ausdehnung auf wie die Essenssäle der drei Großklöster von Anuradhapura. Der Hauptzugang  auf der Westseite führt in einen Innenhof von etwa 20m mal 10m, der mit Granitplatten ausgelegt ist. An dessen Ostende erstreckt sich über fast die gesamte Breite des Baus eine der größten Steinwannen Ceylons. Es handelt sich um zugehauene gewaltige Granitblöcke. Ein solches sogenanntes "Reisboot",  auf Pali Bat Oruwa, diente bei der Speisung der Mönche als Trog zur Aufbewahrung des gekochten Reis. Eine kleinere im Boden vertiefte Wanne daneben, Kanda Oruwa genannt, nahm die Gemüsebeilagen auf, so aßen die antiken Mönche schon "Rice and Curry" wie die heutigen Südasiaten. Das Refektorium verfügte über fließendes Wasser. An der Küchenseite sieht man den kleinen Granit-Aquädukt für die Wasserzufuhr. Bis hier wurde das Wasser in unterirdischen Keramikröhren vom höher gelegenen "Schlangenbad" Naga Pokuna herangeführt, das durch eine andere Leitung auch den Löwenbrunnen Sinha Pokuna speiste. Das Wasserleitungssystem Mihintales, übertroffen nur von dem der Gärten in Sigiriya, gehört zu den technischen Meisterwerken der alten Singhalesen.

Direkt neben dem Treppenaufgang (Foto) zum Hain der Ambasthala-Dagoba erkennt man die spärlicheren Überreste der Versammlungshalle der Mönche, auf Pali "Sannipata Salawa". Hier trafen sich die Mönche, um die täglichen Angelegenheiten zu besprechen.

Da dabei Fragen der Ordensdisziplin behandelt wurden, hatten solche Zusammenkünfte durchaus geregelten und rituellen Charakter. Allerdings wurden hier nicht die höchsten Zeremonien der Mönchsgemeinschaft zelebriert, sprich die Vollordination der Novizen, für die es eine zweite Versammlungshalle gab, die wie diese Zeremonie "Uposatha"-Haus genannt wurde. Ein Uposathagara konnte dabei durchaus kleiner sein als der alltäglich genutzte Sannipata-Sala, aber es musste gemäß der Ordensregel auf einem real und symbolisch abgeschirmten eigenen Areal stehen. Oft steht darum nicht diese Ordinationshalle, sondern wie hier in Mihintale die gewöhnliche Versammlungshalle im Mittelpunkt einer Klosteranlage.

Die Versammlungshalle (Foto) bedeckt eine quadratische Grundfläche von circa 20m Breite und steht auf etwas erhöhtem Niveau, das durch kleine Treppenaufgänge von allen vier Seiten begehbar ist. Sie hatte keine Außenmauern, sondern war ein offener Pavillon, dessen nicht erhaltenes Holzdach von ursprünglich acht mal acht gleichmäßig angeordneten Steinsäulen getragen wurden, von denen noch einige stehen. In den Tropen sind solche nach Außen offenen Konstruktionen sehr beliebt. Auf einen erfrischenden Luftzug in den Räumen und die Erreichbarkeit des Gebäudes für den Wind wird im Hausbau Sri Lankas auch heute noch geachtet.

Heute steht gegenüber der antiken Versammlungshalle ein beeindruckendes Exemplar eines Makula-Baums.

Oberhalb der Versammlungshalle liegt ein für Klöster Ceylons charakteristisches „Bilder-haus“, auf Pali „Patima-gara“. Es ist stets eine Verehrungsstätte mit einer Statue, meist des Buddha. Wahrscheinlich hatte das Gebäude einst ein oberes Stockwerk aus Holz, denn die Wände und Pfeiler des erhaltenen Erdgeschosses sind ziemlich massiv. Dieses Bilderhaus, das manchmal auch einfach "Vihara" für Kloster oder "Dage" singhalesisch für Reliquienhaus genannt wird, bietet eine augenfällige Besonderheit, nämlich vor dem Eingang zwei flankierende riesige Steintafeln (Foto).  Sie sind wegen ihrer Größe und aus zwei weiteren Gründen beachtlich. Erstens zählen sie zu den ältesten Urkunden in singhalesischer Sprache. Bis dahin wurden für Weihinschriften ausschließlich Vorformen des heutigen Singhalesisch und vor allem Pali benutzt, die Liturgiesprache der Theravada-Buddhisten. Die Texte stammen aus dem 10. Jahrhundert und damit aus einer Zeit, in der sich das heute gebräuchliche Singhalesisch gerade ausbildete. Zweitens handelt es sich um ein umfangreiches Originaldokument der Anuradhapura-Zeit. Für die Erforschung der Geschichte des Theravada sind Inschriften von größtem Wert. Der Mihintale-Text widmet sich zwar sehr gewöhnlichen Themen im Zusammenhang mit einem Heiligtum. Die Mihintale-Tafeln enthalten z.B. das Verbot, Gegenstände des Bilderhauses zu entfernen und regeln den mönchischen Tagesablauf. Aber dabei werden auch Fragen behandelt, wie das Kloster als Wirtschaftsbetrieb zu führen ist. Der erste Teil befasst sich dabei mit der Mönchsgemeinschaft, der zweite mit den für das Kloster arbeitenden Laien, insbesondere ihrer Entlohnung.

Diese Inschriften ließ König Mahinda IV. (956-72) hier anbringen. Sein Bruder und Vorgänger Sena IV. gilt als Verfasser des ältesten erhaltenen Werks in singhalesischer Sprache, des Siyabaslakara. Es handelt von der Rhetorik und lehnt sich ans klassische indische Sanskritwerk Kayyadarshas zu diesem Thema an. Mahinda IV. selbst war der letzte Anuradhapura-König, der noch einen militärischen Sieg gegen ein Heer der tamilischen Cholas vom Festland erringen konnte, das war 960. Schon 993 werden die Cholas das Anuradhapura-Reich erobern und damit für immer beenden. Mahinda IV. knüpfte auch, entgegen den Gepflogenheiten, erstmals Heiratsbande mit den indischen Kalingas, zu Bündniszwecken, denn die Kalingas in Orissa waren die nördlichen Nachbarn und Gegner der Cholas. 200 Jahre später werden Kalingas auf den singhalesischen Thron gelangen, sie sind für den Untergang des Polonaruwa-Reiches mitverantwortlich.

Der erste Teil der Mihintale-Inschriften weist deutliche Parallelen zu der noch berühmteren Jetavanarama-Inschrift im gleichnamigen Großkloster Anuradhapuras auf. In dieser Jetavanarama-Inschrift des 9./10. Jahrhunderts erklärt der König (Mahinda IV.?) außerdem, nur ein Bodhisattva, ein künftiger Buddha, könne König von Lanka werden, was Ausdruck einer Königsideologie mit fast mahayana-buddhistischen Zügen ist. Ohnedies hat der offizielle Theravada-Buddhismus der Insel gegenüber frühbuddhistischen Zeiten sein Gesicht sehr verändert. Das belegen eben diese Monumental-Schrifttafeln Mahindas IV. besonders gut. Vorschriften richten sich spezifisch an verschiedene Arten von Klosterangehörigen, erwähnen wie gesagt insbesondere die Tempelbediensteten. Damit enthalten die Tafeln Auskünfte über die Ordens-Struktur. Es gibt im 10. Jahrhundert eine interne Differenzierung der Aufgaben, die die frühen Klöster so nicht kannten. Vor allem erkennt man nun einen Verwaltungsapparat für die Ländereien. Der besteht meist aus Laien, denn Buddhas kanonische Regeln untersagen Mönchen Erwerb und Arbeit. Trotzdem waren im 10. Jahrhundert die Klöster längst die reichsten Agrarbetriebe im Anuradhapura-Reich. Das hat zwei Hauptgründe. Erstens galt es als verdienstlich, d.h. förderlich für eine gute Wiedergeburt, dem Sangha Land zu stiften, und Sangha-Besitz konnte nie wieder veräußert werden, so dass sich immer mehr Tempel-Land ansammelte. Zweitens erwirtschafteten wie in Indien die Klöster auf ihrem Land Überschüsse, die sie weder verbrauchen noch verkaufen konnten, darum nutzten sie eine findige Alternative, die nicht ausdrücklich durch die Ordensregel untersagt war: Sie verliehen Getreide als Saatgut, um es mit Zinsen zurückerstattet zu bekommen. Auf diese Weise entwickelten sich die Klöster quasi zu naturalwirtschaftlichen Banken.



j) Giribandha Chetiya und Timbiri-Pokuna

Oberhalb des Refektoriums erkennt man auf einem nordöstlichen Hügelausläufer die teilweise eingestürzte Ruine eines weiteren Ziegelstupa. Da er weder durch Inschriften noch mit in den Chroniken erwähnten Bauten identifiziert wurde, nennt man ihn die "Namenlose Dagoba", die Einheimischen bezeichnen ihn als Giribandha Chetiya.

Der Weg dorthin beginnt auf halber Höhe des ersten Treppenweges linker Hand oder hinter dem Refektorium der Mönche. Die beiden kurzen und einfachen Wege treffen sich an einem der vier Teiche des Mahintale-Klosterkomplexes, dem Timbiri-Pokuna (Foto), der recht idyllisch zwischen den Hügeln gelegen ist, umgeben von dichtem Wald, deswegen ist der Name des Teichs ganz treffend, denn Timbiri bezeichnet einen Baum. Nachmittags kommen hierhin Rehe zur Tränke. In den Bäumen klettern oft schwarze Languren-Affen. Auch Eisvögel trifft man hier mit großer Wahrscheinlichkeit an.

An dem altertümlichen Bau der "Namenlosen Dagoba" selbst ist kaum etwas Bemerkenswertes mehr zugänglich. Nur die Westseite zeigt das Ziegelmauerwerk (Foto), die Osthälfte ist noch überwuchert. Bei einem Rundgang um die Dagoba hat man einen schönen Ausblick nach Anuradhapura.

Bei den Ausgrabungen von 1951 stellte sich heraus, dass der Stupa durch Grabräuber seiner Weihegaben beraubt war. Dennoch erwies sich die Grabung als aufschlussreich, waren doch Malereien von 28 Figuren in der Reliquienkammer erhalten, wenngleich nur die unteren Teile, da die oberen beim Einsturz des Raums zerstört wurden. Darüber hinaus fand sich unterhalb des Schutts dieser geplünderten Reliquienkammer ein zweiter Raum, dessen Umriss-Malereien besser erhalten sind. Sie zeigen göttliche Wesen in Wolken. Im Zentrum dieser Kammer fand sich eine symbolische Stein-Darstellung des Weltenbergs Mahameru. Fundstücke und Fresken befinden sich heute im Archäologischen Museum von Anuradhapura.


k) Kantaka Chetiya

„Chetiya“ ist das Paliwort für Sanskrit „Chaitya“. Es bezieht sich ursprünglich auf den Scheiterhaufen und heißt deswegen „Grabmal“. Im indischen Buddhismus wurden zunächst aber gerade solche Stupas damit bezeichnet, die keine Körperteile von verstorbenen Buddhas oder Heiligen als Reliquien enthielten, sondern in denen symbolisch deren Gebrauchsgegenstände oder meist, noch abstrakter, Heilige Schriften „beigesetzt“ wurden. In der buddhistischen Kunst Indiens nennt man, sofern überhaupt ein Unterschied zwischen Stupa und Chaitya noch gemacht wird, heute diejenigen kleineren Stupas Chaityas, die in einer Höhle stehen und also in einem Innenraum umwandelt werden. Diese Chaitya-Höhlen waren übrigens Vorbilder für den ceylonesischen Bautyp des Vatadage, den man auch Chetiyagara „Chaityahaus“ nennt.

Kantaka war der Name des Pferds Buddha Gautamas, auf dem er in seinem 30. Lebensjahr aus seiner Heimatstadt Kapilavasthu ritt, als er seine fürstliche Familie verließ, um sich als Wanderasket auf die Suche nach Erlösung von Geburt, Altern, Krankheit und Tod zu begeben. Außerhalb der Stadt legte er sein Prinzengewand ab und ließ Diener und Pferd zurück, woraufhin Kantaka vor Kummer starb. Eine sehr alte Inschrift aus der Zeit um Christi Geburt erwähnt eine Schenkung an einen "Kataka Ceta", dem entspricht der heutige Name Kantaka Chetiya der Singhalesen. Als der Stupa noch unter britischer Herrschaft ausgegraben wurde, nannten sie ihn allerdings Kiribat Vihara, d.h. Mich-Stupa. Zuvor war der Ort als Heiligtum Jahrhunderte lang unbekannt, da er stark überwuchert angetroffen wurde. Was ausgegraben und teilweise restauriert wurde, ist aber eine der größten Attraktionen des heutigen Mihintale: Es handelt sich um einen der ältesten Bauten des Buddhismus überhaupt, noch dazu in einem hervorragenden Erhaltungszustand. 

Der Kantaka-Chetiya (Foto) ist kunsthistorisch die bedeutendste Sehenswürdigkeit Mihintales. Freigelegt wurde dieser Stupa mit seinen immerhin 128m Basis-Umfang erst bei Ausgrabungen 1934. Heute ist die Dagoba noch 12m hoch, ursprünglich waren es etwa 30m. Der Stupa wird Devanampiya Tissa selbst zugeschrieben, da an den Höhlen der unmittelbaren Umgebung die ältesten Brahmi-Inschriften Mihintales gefunden wurden, die sicher aus vorchristlicher Zeit stammen. Und die Stiftung von 68 Höhlen wird im Mahavansa noch dem König Devanampiya Tissa selbst zugeschrieben, also dem 3. Jahrhundert v.Chr.

Allerdings lautet der Name des in diesen Inschriften erwähnten Stifters Gamani Tissa. Da kein König dieses Namens in den Chroniken für die Frühzeit des Buddhismus handelt, könnte es sich um einen weiteren Namen Devanampiya Tissas handeln. Der Kantaka-Chetiya selbst ist erst fürs nächste Jahrhundert in den Chroniken erwähnt, und zwar für König Laji Tissa. Er soll eine Ummantelung des Stupa in Auftrag gegeben haben, woraus sich schließen lässt, dass es bereits einen älteren Stupa als Kerngebäude gegeben haben muss. Auch damit kann die Gründung der Kantaka Chetiya in der frühesten Zeit des Buddhismus auf Sri Lanka als sehr wahrscheinlich gelten. 

Laji (Lanja) Tissa hielt sich gerade in Rohana im Südosten Ceylons auf, als 119 v.Chr sein Vater Saddha Tissa starb. Laji Tissa war der älteste Sohn, aber es gab damals noch keine festgelegte Erbfolge. Mithilfe des Ministerrats rief der Sangha, d.h. der buddhistische Orden, den anwesenden jüngeren Sohn Saddha Tissas, Thulatana, zum König aus. Dies ist das erste Beispiel für eine Einmischung des Sangha in die Frage der Thronfolge. Doch der ältere Bruder Laji Tissa konnte bereits nach 40 Tagen die Herrschaft militärisch für sich gewinnen. Das Verhältnis des neuen Königs zum Sangha war zunächst gespannt, aber schließlich söhnte er sich mit den Mönchen aus, indem er ihnen Geschenke machte. Und er ließ den Kantaka-Chetiya vergrößern, was wahrscheinlich zu seinen Ergebenheitsadressen an den Orden zu rechnen ist.

Erst in den folgenden ersten nachchristlichen Jahrhunderten allerdings erhielt der Stupa seine heutige Form, denn die Erweiterung unter Laji Tissa, von der die Chroniken berichten, erwähnt eine Ummauerung mit Ziegelsteinen. Die archäologisch nachgewiesene Vergrößerung des Stupas ist aber am Fundament nicht mit Ziegelsteinen, sondern mit behauenen Natursteinen vorgenommen worden, also wahrscheinlich jüngeren Datums. 

Sehr gut erhalten sind am Kantaka-Chetiya die sogenannten Vahalkadas, altarartige Vorbauten in den vier Himmelsrichtungen. Diese Art von Anbauten stellen eine Besonderheit der ceylonesischen Architektur dar, bei indischen Stupas findet man sie nicht. Die Vahalkadas des Kantaka-Chetiya gelten als älteste und schönste der Insel. Sie sind dem Stupa nachträglich hinzugefügt worden, ihre genaue Datierung ist nicht bekannt, doch stammen sie wohl ebenfalls aus den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt. An ihrer Stelle befanden sich zuvor kleine Treppenaufgänge, wahrscheinlich auf einen kleinen Rundgang um den Stupa etwas oberhalb des Bodenniveaus, so wie man dies vom Sanchi-Stupa kennt. Diese Aufgänge wurden durch die Vahalkadas gewissermaßen zugeschüttet und ersetzt. Diese Vahalkada-Vorbauten sind aus Ziegelstein gemauert und ebenfalls, zumindest im unteren Bereich, durch Sandstein verblendet. Die Vahalkadas der Ostseite (Foto) und der Südseite sind original. Sie wurden in dem erstaunlich guten Zustand ausgegraben, den man heute bewundern kann, vor allem für seine Reliefkunst. Neben dem südlichen Vahalkada finden sich sogar noch Spuren von Malereien. Der nördliche Vahalkada konnte mit Originalstücken gut restauriert werden.

Die Vahalkadas sind in auffällig horizontaler Gliederung durch Reliefleisten (Foto) geschmückt. Am besten erhalten sind sie auf der Ostseite. Eines der Bänder bilden plastisch gestaltete Köpfe von Elefanten, deren Rücken scheinen die aufliegenden Geschosse zu tragen, ein in der Kunst ganz Süd- und Südostasien häufig anzutreffender Bauschmuck. Darüber sieht man Friese mit Flachreliefs sich wiederholender Lotosse und Gänse. Die oberste Reihe bilden dann „Ganas“, Gnome in verschiedenen Anordnungen, darunter teilweise recht lebhafte Szenen. Man sieht Musikantengruppen mit Trommeln und anderen Instrumenten, daneben geradezu akrobatische Darbietungen, ein Ganazwerg spielt mit einer Kobra, einige Gnome haben Tierköpfe.

Ein besonders markanter Gana trägt einen Elefantenkopf (Foto). Bei ihm handelt es sich wahrscheinlich um Ganapati, den "Herrn der Ganas", der in der indischen Ikonographie mit dem populären Hindugott Ganesha identifiziert wird. Wenn diese Identifizierung richtig ist, handelt es sich bei dem elefantenköpfigen Gana am Kantaka Chetiya um die älteste bekannte Ganesha-Abbildung überhaupt. Für die Identifizierung als Ganesha bzw. Ganapati spricht, dass sich die Gnome zu seinen Seiten ihm verehrungvoll zuwenden. Die Ganas der Ostseite sind die ältesten Beispiele (aus dem  2. Jahrhundert?) dieser in Ceylons Kunst so beliebt gewordenen Motive der sich tummelnden Zwerge.

Unterhalb der Reliefleisten mit Ganas sieht man Darstellungen der Hamsas, d.h. von Gänsen. Ihr Flug verbreitet das Heil der buddhistischen Lehre in der Welt, während die Ganas mehr für die irdischen Segnungen stehen, die der Buddhismus mit sich bringt, nämlich Fruchtbarkeit und Wohlstand des Landes. Von einem Aufbau mit Nischen für Götterfiguren aus Stuck oder Keramik ist heute dagegen kaum mehr etwas erhalten.

Weitere Reliefs finden sich an Stelen, die paarweise die Vahalkadas flankieren. Sie trugen einst die vier Tiere der jeweiligen Himmelsrichtung, Löwen im Norden (Foto), Elefanten im Osten, Stiere im Süden und Pferde im Westen, wobei die Zuordnung der vier Heiligen Tiere zu den Himmelsrichtungen in Sri Lanka aber nicht einheitlich ist. Die Himmelsrichtungen stehen für die Ausbreitung des Buddhismus. Man muss hier erinnern, dass der buddhistische Sangha "Orden der vier Himmelsrichtungen" genannt wurde. Ähnliche Symboltiere für die vier Himmelsrichtungen sieht man am Stupa von Sanchi und vor allem an dem weltberühmten Löwenkapitell von Sarnath, das ein Reliefband mit diesen vier Richtungs-Tieren trägt, zwischen ihnen je ein "Rad der Lehre", heute indisches Staatswappen. Die Reliefs an diesen Tier-Pfeilern sind auch aus einem weiteren Grund bemerkenswert, stellen sie doch die ältesten Beispiele auf der Insel für das beliebte Motiv des Rankenwerks dar. Übrigens ist das Rankenmotiv der indischen Vorbilder wahrscheinlich von der hellenistischen und römischen Kunst inspiriert, die viele Jahrhunderte in Nordwestindien präsent war. Die himmelstürmende Wunschranke Kalpalata entwächst der Vase des Überflusses Purnaghata. Während diese Vase die Schätze enthält, die von den Ganas unter der Erde gehütet werden, wird sie durch die aus ihr wachsende Ranke mit den himmlischen Sphären verbunden. Auch die erwähnten Tiere symbolisieren religiöse Kräfte, den Gänsen werden auch magische Fähigkeiten im Dienste der Fruchtbarkeit zugesprochen. Insbesondere die Tierbilder des Kantaka-Chetiya gelten als künstlerisch vorzüglich. Die pfanzlichen Darstellungen sind dagegen noch vergleichweise ornamental.

An der Südseite des östlichen Vahalkada trägt ein Pfeiler vier große Relieffelder (Foto), die von unten nach oben mit Tier- und Pflanzenmotiven die Lebensalter eines Menschen symbolisieren. Darüber erkennt man wieder die Wunscherfüllungsranke, die für das Aufsteigen in den Himmel steht.

An der Südseite findet man wie gesagt Farbreste von Löwengemälden in den Zwischenfugen des Vahalkada. Darunter befindet sich eine Reliefstele mit Ceylons ältester Abbildung einer Menschengestalt. Es ist aber die Darstellung eines mythischen Wesens, des Schlangenkönigs Nagaraja, auch er ein Fruchtbarkeitssymbol, auch er später ein immer wiederkehrendes Motiv singhalesischer Kunst, vor allem an Pfeilern von Tordurchgängen in ein Heiligtum. Also für sehr viele typische Motive der klassischen Kunst Sri Lankas findet man am Kantaka-Chetiya die ältesten Beispiele, noch dazu gleich in hervorragender Qualität.

Im Umkreis des Kantaka-Chetiya befinden sich die ersten Wohnhöhlen der Mönche auf dem Klosterberg. Über ihnen sieht man die ältesten Brahmi-Inschrift mit Widmungstexten. Das Gelände des Kantaka-Chetiya ist darum mit großer Sicherheit der Ausgangpunkt der mönchischen Besiedlung der Mihintale-Berge.



 
l) Quincunx und Hospital

Auch am Fuße des Hügels sind Überreste von Erweiterungsbauten der Klosterananlagen Mihintales zu sehen, viele befinden sich in unmittelbarer Nähe des heutigen großen Besucher-Parkplatzes und der angrenzenden Stände mit Souvenirs und Erfrischungsgetränken.

Direkt neben dem Hauptaufgang liegt ein Gebäudekomplex mit einer auffälligen Gruppierung der Bauwerke, der sogenannten Quincunx-Anordnung. So heißt für alle Teile der Welt die Art Grundriss, bei der sich die Einzelbauten wie die Punkte der Fünf auf einem Würfel anordnen, also in zwei sich kreuzenden Diagonalen. Auf Sri Lanka ist dies eine der zwei häufigsten Formen von regelmäßigen Klosteranlagen. Der Hauptbau steht klarerweise in der Mitte. In diesem Fall dürfte er ein Bilderhaus, ein weiteres Pathimagara, gewesen sein. Die Hallen in den vier Eckpunkten waren hier vermutlich Mönchs-Unterkünfte, ihre Zellen nennt man „kuti“, was schlicht Hütte oder Halle bedeutet.

Die Quincunx-Form wurde, wie so viele Elemente der ceylonesischen Kunst, aus Indien übernommen. Für Sri Lanka typisch ist aber, dass Wände aus Ziegel- statt aus Hausteinen gemauert wurden. Nur Strukturelemente wie die Podeste und Tür- oder Fensterrahmen sind aus festerem Naturstein gefertigt, und darum stehen sie heute allein.

Die Überreste des Kloster-Krankenhauses liegen etwas weiter Richtung Dorfmitte hinter weiteren Vihara-Überresten, sie sind von der Zufahrtsstraße zum Hauptparklatz aus bereits gut sichtbar. Die Chroniken erwähnen, das der bedeutende König Sena, der 833-853 regierte und dem Kloster auch die Einkünfte aus dem nahen Kanavapi-Stausee widmete, den Bau eines Hospitals auf dem Chetiyapabbata, d.i. Mihintale, gestiftet habe. Es ist aber nicht klar, ob der hier zu ebener Erde erhaltende Krankenhaus-Komplex damit gemeint ist. Dass es sich bei diesem Gebäude jedenfalls um ein Hospital handelte, geht allerdings direkt aus einer Inschrift hervor, die man an einer Steinzisterne entdeckte, die vermutlich zur Aufbewahrung der Heilkräuter in Öl diente. Man kann in einer Ecke des Hospitalkomplexes deutlich einen über zwei Meter langen monolithischen Steintrog mit einer Mulde in der Form eines Menschen erkennen. Wahrscheinlich diente er für ayurvedische Ölbäder. Einen Mahlstein, wohl für die Kräuter, hat man in unmittelbarer Nähe gefunden. Ob dieses Krankenhaus für die Versorgung der Mönche reserviert war, deren medizinische Betreuung schon im Vinaya-Korpus des buddhistischen Kanons thematisiert ist, oder ob es sich vielmehr um eine öffentliche Sozialeinrichtung handelte, für jeden zugänglich, z.B. für Pilger, das ist heute jedoch unbekannt.

In dem Grundriss des Hospital-Geländes kann man des weiteren viele kleine Einzel-Zellen um einen größeren Zentralraum erkennen, der vermutlich nicht überdacht war.

Der Name eines Hospitals ist „Aroga-Sala“, wörtlich „Unkrank-Saal“. „Sala“ ist wie gesagt mit „Saal“ sprachverwandt, die Vorsilbe „a“ bzw. „an“ kennt man gleichfalls aus vielen indogermanischen Sprachen mit dieser negierenden Bedeutung.

Im 9. und 10. Jh, also in der Spätzeit Anuradhapuras, war die medizinische Versorgung der Bevölkerung wohlorganisiert, auch für die Landbevölkerung fernab der Zentren. Die Chroniken berichten über flächendeckende medizinische Versorgung bereits durch König Buddhadasa (337-385), der selber ein hervorragender Arzt gewesen sein soll, der schwierigste Operationen durchgeführt hat. Er wird sogar als der Verfasser eines medizinischen Werks in Sanskrit namens Sarartha-Sangraha genannt; Sangrahas sind Kompendien, Sarartha ist vieldeutig, die Vorsilbe „sara“ steht für Wertvolles, „artha“ bedeutet etwa Werk im weitesten Sinne, z.B. „Arbeit“ oder oft auch „Sinn und Zweck“. Buddhadasa, singhalesisch als Bujas bekannt, soll bereits landesweit Hospitäler eingerichtet und zudem verfügt haben, dass jeweils zehn Dörfer von einem Arzt betreut werden. Dies ist übrigens die erste Erwähnung dieser Art Dörfer-Gruppe, die eine verbreitete Verwaltungs-Einheit wurde. Als zentrale Medizinstation gab es für solche Dörfergruppen später wohl eine Art ayurvedischer Apotheke mit Heilpflanzen. Zu medizinischer Behandlung konnte man außerdem zu manchen Klosterhospitälern pilgern. Aus Inschriften weiß man, dass es dort sogar spezialisierte Ärzte oder Therapeuten gab, sie erwähnen z.B Ärzte fürs Schröpfen und für Behandlungen der Gliedmaßen. Zudem kam im letzten Jahrhundert der Anuradhapura-Zeit eine Upasagga genannte Epidemie auf, bei der es sich wahrscheinlich um Malaria handelt. Bei vielen der Krankenhäuser aus dieser Zeit dürfte es sich um Sanatorien für die daran Erkrankten gehandelt haben. Von Kassapa IV. um 900 wird ausdrücklich die Errichtung von Krankenhäusern für die Upasagga-Opfer erwähnt.

m) Indikatuseya

Heute besonders verehrt und bei Festlichkeiten beachtet ist die Indikatuseya-Pagode. Man findet sie leicht, denn sie liegt unmittelbar rechts der Ausfallstraße Mihintales in südlicher Richtung nach Dambulla. Sie befindet sich etwa auf halbem Wege zum Kaludiya-Pokuna, der dann links an der Straße liegt. Im Ruinengelände sind viele hübsche Relief-Kunstwerke zu entdecken.

Anders als Einheimische und Pilger beachten Touristen die Indikatuseya-Pagode (Foto) kaum und fahren nur an ihr vorbei. Doch es ist nicht einfach eine weitere der vielen kleinen Dagobas, die die Wege um Anuradhapura und Mihintale begleiten. Denn Indikatuseya zeigt erstens eine eigenwillige Form und war zweitens ein Fundort ungewöhnlicher kupferner Inschriftentafeln, deren Texte mahayana-buddhistischen Charakters sind.

"Indikatu" bedeutete "Dattelstachel" oder "Nadel". "Seya" ist eine der vielen Bezeichungen für "Stupa". Weitere Pali-Wörter, die für Stupabauten benutzt werden, sind "Thupa", "Dagoba" oder "Vihara". Der Stupa wird auch oft nur einfach "Katuseya" genannt.

Die Indikatuseya-Bauten, die einen gesamten eigenen Klosterkomplex bilden, umgeben von einer Prakara-Mauer, die das Areal nach Außen abschirmt, stammen etwa aus dem 9. Jahrhundert. Im hier ebenerdigen Umkreis verstreut liegen Überreste weiterer typischer Sakralbauten der späten Anuradhapura-Zeit. Der Baukörper einer kleineren zweiten Dagoba auf einer eng ummauerten Terrasse ist ganz ähnlich mit Lotos-Ringen gestaltet wie der Hauptstupa der Indikatuseya. Im Gelände sind außerdem zwei Badeteiche erkennbar und fünf weitere kleine Bilderhäuser, teils in eigenen Umfriedungen, deren Zugänge verziert sind mit Granitgefäßen auf Pfeilern. Vor den Treppenaufgängen der Bilderhäuser liegen Mondsteine wie in Anuradhapura. Insbesondere die Wächterstelen (Foto) an diesen Aufgängen sind zwar nicht sehr groß, aber von guter Qualität und in hervorragendem Erhaltungszustand, so dass sich ein Spaziergang durch das Gelände durchaus lohnt.

Unter den Ortsansässigen gilt ein Umrunden der Indikatuseya als besonders glücksverheißend.
Der Indikatuseya im engeren Sinne ist nur der größere der beiden Stupas auf diesem ebenerdigen Areal. Die Form dieses Stupakörpers weicht von den typischen Dagobas Sri Lankas insofern deutlich ab, als der zentrale Bereich der Anda, d.h. der massiven Glockenform, die die Hauptmasse eines Stupa ausmacht, hier nicht eine Halbkugel bildet, sondern aus verschiedenen horizontal liegenden Schichten besteht. Der Anda-Körper der Indikatuseya ist also nicht einfach glatt wie sonst in Sri Lanka üblich, sondern stark reliefiert. Manche der scheinbar aufeinanderliegenden Granit-Ringe dieses Anda-Körpers zeigen außen einen Blattkranz, er soll der Blütenkranz einer Lotosblüte sein, des asiatischen Symbols für Reinheit. Man spricht darum von der „Lotosring-Form“.

Dieser gestaffelte Baukörper der Anda mag für Sri Lanka ungewöhnlich sein, doch in der buddhistischen Kunst taucht er häufig auf, nämlich an der übergroßen Zahl der Stupas von Südostasien, die dort Chedis genannt werden, was sich natürlich von Sanskrit „Chaitya“ und Pali „Chetiya“ herleitet. Die Chedis Südostasiens sind jedoch so gut wie allesamt sehr viel jünger als Indikatuseya. Die ältesten von ihnen stammen aus der Zeit intensiver Kulturkontakte mit Sri Lanka, die vor allem durch wechselseitige Ordinierungs-Besuche und Pilgerreisen von Mönchsgruppen zustande kamen. Viele Elemente buddhistischer Kunst sind so nicht von Indien direkt, sondern vermittelt über Sri Lanka in den südostasiatischen Raum gelangt, weil nach dem ersten Jahrtausend christlicher Zeitrechnung der Buddhismus in Indien so gut wie keine Rolle mehr spielte. Insbesondere die ersten siamesischen Reiche haben sich eng an den Buddhismus Sri Lankas angelehnt. Darum gilt Indikatuseya als ein mögliches Vorbild für die geschichteten Typen des thailändischen Chedis.

Indikatuseya scheint kein typisches Theravada-Kloster gewesen zu sein. Mihintale gehörte seit der Zeit des Ketzerkönigs Mahasena zum Hauptstadt-Orden Abhayagiri und nicht mehr dem von Mahinda gegründeten Mahavihara. Das Abhayagiri-Kloster war offen auch für Einflüsse aus dem Mahayana-Buddhismus. Das dokumentieren außer den Geschichtschroniken und den benutzten Kunstformen auch Inschriftentafeln aus Kupfer, die im Vijayarama in Anuradhapura sowie hier in Mihintale in der Indikatuseya-Dagoba gefunden wurden. Zwischen ihren Ziegeln barg man 31 solcher Kupferplatten. Offensichtlich wurden die eingravierten Heiligen Texte anstelle von Körper-Reliquien in den Schrein gelegt. Denn wie die verstorbenen Buddhas und Heiligen galt auch die Lehre als verehrungswürdig und als möglicher Inhalt eines Stupas, der ja einen Gedenkschrein bildet. Und im Mahayana-Buddhismus ist die Lehre „Dharma“ sogar ausdrücklich der Körper „Kaya“ des höchsten und ewigen und einen Buddhas, dessen Wesen eben „Dharmakaya“ heißt, Körper der Lehre. Insofern kann eine Dharma-Inschrift ein Symbol für das höchste Wesen des Mahayana sein. Generell war die Abwesenheit von Körperreliquien "Saririka Dhatu" zugunsten einer Textreliquie "Dharma Dhatu" zu jener Zeit ein Charakteristikum des Mahayana.

Die Indikatuseya-Kupfer-Inschriften in singhalesischen Lettern, die eine Datierung ins 8. oder 9. Jahrhundert zulassen, sind nicht dem Pali-Kanon der Theravada-Buddhisten entnommen, allerdings auch nicht bekannten Mahayana-Sutren. Doch in den Texten taucht häufig der typische Mahayana-Begriff des „Bodhisattva“ auf. Auch die zentrale Mahayana-Lehre des „Trikaya“, d.i. die Lehre von den „drei Buddhakörpern“, deren höchster eben der „Dharmakaya“ ist, ist ja in Mihintale inschriftlich verbürgt, nämlich nahe der Ambasthala-Dagoba (s.o.). Insgesamt finden sich in Mihintale seit etwa dem 4. Jahrhundert die ersten und die meisten epigraphischen Indizien für die Präsenz des Mahayana-Buddhismus in Sri Lankas Königsland Rajarata, das sich doch als Kernland des Thervada versteht. Das heißt, Mahayana-Zeugnisse finden sich damit ausgerechnet am Ort der Einführung des Theravada-Buddhismus auf Sri Lanka. Seit dem 7. Jahrhundert sollen sogar tantrische Einflüsse in Mihintale heimisch geworden sein.



n) Kaludiya Pokuna

Der Kaludiya-Badeteich (Foto) liegt westlich zu Füßen des Mihintale-Hügelkomplexes. Von dessen höchster Stelle, dem Et Vihara, kann man den Kaludiya-Pokuna gut zu Füßen des Berges liegen sehen. Man erreicht den Pokuna von der Straße, die Mihintale Richtung Süden verlässt. Jenseits des Ortsausgangs liegt der Teich im Wald links. Um das eigentliche Bad von etwa 70m Länge gruppieren sich in einer weitläufigen Anlage Klosterbauten aus verschiedenen Zeiten. Man kann hier ebenerdig in reizvoller Umgebung spazieren gehen.

Kaludiya Pokuna heißt übersetzt einfach Dunkelwasser-Bassin. Diesen Namen gab man dem See, weil er durch die Waldlandschaft an den nahen Hängen im tiefen Schatten liegt und er die Granitfelsen der Umgebung dunkel spiegelt. Obwohl es sich scheinbar um einen natürlichen See handelt, welcher Eindruck vielleicht bewusst erweckt wurde, ist es in Wahrheit ein Stauteich, vielleicht ein uraltes Beispiel eines Landschafts-Gartens. Dass der Teich für Waschungen und nicht nur zur Wasserversorgung diente, kann man daraus ersehen, dass man an seinem Rande ein aus dem Stein gemeißeltes Badehaus findet. Kaludiya Pokuna bildete den Mittelpunkt einer weiteren Siedlungsgruppe von Mönchen, die hier ähnlich wie auf dem nahen Mihintale-Kanda in umgestalteten Naturhöhlen wohnten und künstlich in Stein gearbeitete Gemeinschafts-Einrichtungen zusätzlich schufen. Die wichtigste davon lag auf einer kleinen Halbinsel an der Nordwestseite des Teichs. Auf dieser Plattform stand der Uposathagara, die Halle für die höchsten Zeremonien, nämlich für die Vollordination der Mönche.

Die Ordensregel namens Vinaya, die den ersten der drei Teile der buddhistischen Heiligen Schrift bildet, sieht für dieses rituelle Hauptgebäude einer Mönchsgemeinschaft Bestimmungen vor, die es deutlich von der störenden Außenwelt abschirmen sollen. So benötigt ein "Ordinations-Haus", wie man den Pali-Namen Uposathagara übersetzen kann, zum Beispiel acht Grenzsteine, Bai Sema genannt, die den heiligen Bereich nach allen Himmelsrichtungen hin abgrenzen. Oft werden sie ergänzt durch einen symbolischen Graben um das Gebäude, oder wie hier, im Falle des Kaludiya Pokuna, sogar durch ein ein Gewässer. Auf diese Weise sollen auch Schlangen und andere Waldtiere davon abgehalten werden, den Sakralbereich zu stören. Vielleicht war dieser Bau im Kaludiya-Pokuna sogar später das Haupthaus des gesamten Mihintale-Klosterkomplexes. Jedenfalls lebten um diesen idyllischen Teich die angesehensten Mönche in den relativ komfortabelsten Unterkünften, so dass es sich trotz der etwas entlegenen Lage um eine Art Residenzsitz für die Mihintale-Mönchsgemeinschaft handelte.

Ein besonders schönes Beispiel einer Wohnhöhle (Foto) findet sich nur 50m östlich des Sees auf etwas niedrigerem Bodenniveau unter einem spitzen Felshut. Hier ist der Bretterverschlag, der ansonsten einen solchen Felsüberhang zur offenen Seite hin abdschloss und damit erst einen Innenraum schuf, durch eine fein gearbeitete Steinfront mit Türdurchgang und Fensterrahmen ersetzt.

Wahrscheinlich erwähnt die Mihintale-Inschrift Mahindas IV. das Kaludiya-Gebiet, und zwar unter dem Namen Porodini. Der britische Archäologe Bell hielt die Gebäude dieses Areals aufgrund ihres jüngeren Erbauungsdatums für das in der Chulavansa-Chronik erwähnte Hadayunha-Parivena, das Sena Ilanga, ein Verwandter und der oberste General von König Kassapa IV., Anfang es 10. Jahrhunderts am Mihintale-Hügel errichten ließ. Es ist nicht ganz klar, ob es sich dabei um ein eigenes Kloster zu Füßen des Berges handelte, also neben dem "Pabbatarama", oder ob es sich um eine Erweiterung des alten "Bergklosters" handelte. "Hadayunha-Parivena" oder "Hadayunha-Vihara" heißt "Herzerwärmendes Kloster". Wer den Kaludiya Pokuna besucht, wird dieser Identifizierung wahrscheinlich gerne zustimmen. Es ist einer der romantischsten Orte des alten Sri Lanka.

Die relativ späten Bauten am Kaludiya-Pokuna sind Beispiele der ständigen Erweiterungen, die der Klosterkomplex um den Mihintale-Hügel im Lauf der Jahrhunderte erfuhr. Der chinesische Pilger Faxian berichtet am Anfang des 5. Jahrhunderts von 2000 Mönchen in Mihintale, womit es nach den Anuradhapura-Klöstern die größte Sangha-Siedlung gewesen sein dürfte. Faxian erzählt außerdem vom Mönch Dharmagupta, dessen Herzensgüte so ausstrahlte, dass in seiner Höhle in Mihintale Schlangen und Ratten einträchtig zusammen wohnten.

Es gab sogar Zeiten, in denen Mihintale auf der Insel eine größere Rolle für den Buddhismus gespielt hat als die Hauptstadt Anuradhapura selbst, nämlich u.a. dann, wenn das Land von Tamilen regiert wurde. Dann waren die etwas entlegene Lage und die bescheideneren Lebensverhältnisse hier für die Entwicklung des Ordens sogar von Vorteil. Doch auch einzelne singhalesische Könige zogen die Mönche Mihintales (oder „Cetiyapabbatas“, wie es damals hieß) denen der Hauptstadt vor. Das erste und bekannteste Beispiel dafür ist Saddhatissa, Bruder und Nachfolger des Nationalheroen Dutthagamani. Der in Sri Lanka heimisch gewordene indische Gelehrte Buddhaghosa, der als der wichtigste Klassiker der Theravada-Philosophie gilt, berichtet in seinem Kommentarwerk Sammohavinodani, König Saddhatissa habe die Almosengaben an Mönche Anuradhapuras völlig eingestellt und seine Gaben nur noch Mihintale zukommen lassen. Vom Volk nach den Gründen für seine mangelnde Unterstützung fürs Hauptkloster Mahavihara gefragt, bot er am nächsten Tag wieder Nahrung für die Mönche Anuradhapuras an, die sich dann um die Speisen so sehr rissen und dabei so gierig erschienen, dass das Volk die Vorbehalte des Königs gegen diese Hauptstadt-Mönche unmittelbar einsah. Dies ist eine typische halb legendenartige Erbauungs- und Belehrungsgeschichte für Laien, von deren Art es in der alten indischen Literatur sehr viele gibt, die bekanntesten sogar integriert in den buddhistischen Kanon als sogenannte Jatakas. In diesem Stil findet sich in Buddhaghosas Samantapasadika auch eine Geschichte über den berühmten Mönch Dighabhanaka Abhaya, zu dessen Zeit eine Räuberbande die Umgebung Mihintales unsicher machte, so dass keine Pilger aus Anuradhapura mehr zu kommen wagten. Als die Räuber auch die Klöster Mihintales plündern wollten, empfing sie Dighabhanaka Abhaya mit so großer Gastfreundschaft, dass sie dadurch geläutert wurden und fortan als Wächter des Klosters dienten. Buddhaghosa weiß allerdings auch Ambivalentes statt nur Frommes über Mihintale zu berichten. So steht im Visuddhimagga, dem klassischen Kompendium der Theravada-Lehre, dass die Mönche Mihintales wegen ihres bescheidenen Wohnens in Höhlen für ihre Heiligkeit beim Volk in so hohem Ansehen standen, dass man vor lauter Pilgern in Mihintale keine Ruhe mehr finde – ein typisch buddhistisches Dilemma.

Auch für die Zeit nach dem Untergang des Anuradhapura-Reichs wird in den Chroniken von Mihintale berichtet. Der wichtigste Polonnaruwa-König, Parakramabahu, habe 64 Stupas auf den Mihintale-Hügeln restauriert, heißt es dort. Doch nach der Polonnaruwa-Zeit scheint wie das gesamte Kulturdreieck auch Mihintale verlassen worden zu sein.



o) Rajagirilena

Jenseits von Kaludiya Pokuna und Indikatuseya erhebt sich östlich der Haupthügelgruppe Mihintales ein isoliert stehender weiterer Felsenberg namens Rajagiri, d.h. "Königsfelsen" (Foto). Er ist bequem von seiner Nordseite über einen Treppenweg zu besteigen, der unweit des Kaludiya Pokuna beginnt, nur an der gegenüber liegenden Straßenseite. Wer etwas geübt und schwindelfrei ist, kann sogar die Felsspitze über uralte, schon stark verwitterte Trittstufen erklimmen. Wer sicher gehen will, seine Reise unfallfrei fortzusetzen, sollte aber darauf verzichten. Vom Gipfel bietet sich ein guter Überblick über das gesamte Mihintale-Gebiet.

Am Felsen sieht man weitere Felsüberhänge, die von Mönchen als Wohnhöhlen genutzt wurden. Sie gehören zu den ältesten solchen Mönchsunterkünften Sri Lankas, wie an den vielen Inschriften, die hier gefunden wurden, erkennbar ist.

Schon die indischen buddhistischen Mönche bevorzugten Höhlen als ihre Quartiere und schufen sie sich später im großen Stil künstlich. Auf Sri Lanka sind solche Höhlenklausen tatsächlich wohl seit dem 3. Jahrhundert v.Chr anzutreffen, also der Zeit Aschokas und Devanampiya Tissas, aus der die Inschriften an den Höhlen am Kantaka-Chetiya sowie hier am Rajagirilena stammen. Diese Widmungen sind mit Brahmi-Lettern geschrieben, der ältesten bekannten indischen Schriftart, die von Aschoka in seinen berühmten Prakrit-sprachigen Edikten meistens benutzt wurde - und von der sich alle eigenen Alphabete Süd- und Südostasien herleiten. (Urdu wird in arabischer, nur Vietnamesisch in lateinischer Schrift geschrieben).

In diesen sehr frühen Brahmi-Inschriften (Foto) am Rajagirilena werden als Stifter noch nicht Könige oder lokale Grundherren erwähnt, sondern die Mönche selbst, die ihre Höhlen dem Gesamtorden "der vier Himmelsrichtungen" weihen. In Inschriften aus späterer Jahrhunderten dagegen treten als Stifter auch Privatleute auf und sind die Begünstigten oft angesehene einzelne Klöster oder gar einzelne Mönche. Doch um so bemerkenswerter ist, dass selbst in diesen ältesten Inschriften, die sich am Rajagirilena finden, schon ein Laie erwähnt wird.  

Durch die Jahrhunderte wurde dieser Ort immer wieder von Eremiten genutzt, die der Hektik der Großklöster von Anuradhapura und Mihintale entfliehen wollten, aber hier in bequemer Reichweite der bedeutenden Heiligtümer verbleiben konnten. Eine malerische gut erhaltene Mauer vor einer dieser Höhlen (Foto) dürfte erst aus der Kandy- oder der Kolonialzeit stammen. Wie so viele ehemalige Eremitenklausen scheint die Höhle in dieser späteren Zeit zu einem Bilderhaus umgestaltet worden zu sein. Der schlechte Erhaltungszustand im Innern könnte auch auf Plünderer zurückzuführen sein, die in gemauerten Statuen oft nach Schätzen suchten.



p) Doramadalawa-Tempel

Auch einen gut erhaltenen Höhlentempel (Foto) aus der Kandyzeit findet man beim Dorf Mihintale, und zwar etwa fünf Kilometer nordöstlich der Hauptkreuzung in der Ortsmitte, sein Name "Doramadalawa" war in historischer Zeit übrigens mit der Endung -gama der Name des Dorfes Mihintale, womit man die Siedlung der Laien von den Mönchsbewohnern der Hügelgruppe unterschied, die ja Chetiyapabbata hieß.


Wie so viele ausgemalten Schreine der Kandy-Zeit wird auch der Doramadalawa-Tempel gerne "zweites Dambulla" genannt. Tatsächlich ist eine Ähnlichkeit kaum von der Hand zu weisen. Wie in Dambulla handelt es sich um eine tief unter den Fels reichende breite Naturgrotte, die zur einzigen Außenseite durch eine Mauer abgeschirmt wurde. Auf dem Granitfelsen wurde vor einigen Jahren mit dem Bau eines weißen Stupa begonnen. Jeder kleine Tempel errichtet gerne mit den Laien der Umgebung solche weiß leuchtenden Stupas, über deren Gelungenheit sich manchmal streiten lässt. Doch im Falle des Doramadalawa-Tempels ist dem frommen Werk ein gewisser ästhetischer Reiz nicht abzusprechen: Die leuchtend weiße Stupaspitze wird zum breiten dunklen Granitrücken einen markanten Kontrapunkt setzen.

Durchschreitet man die Außenmauer, gelangt man zunächst in eine bunt ausgemalte Vorhalle. Die Wandfresken zeigen typische buddhistische Motive, sie sind allerdings allesamt jüngeren Datums. Die Haupthöhle erinnert tatsächlich an Dambulla. Obwohl die hiesigen Figuren und Malereien nichts von vergleichbarer Qualität zu bieten haben, geben sie doch einen guten Eindruck von den inseltypischen Bilder-Höhlen der Kandy-Zeit. Imposante Hauptfigur ist hier ein Liegender Buddha (Foto), der sich fast durch die gesamte Höhlenbreite erstreckt. Gegenüber Dambulla weist dieser Ziegelstein-Koloss die Eigentümlichkeit ist, dass er ringsum begehbar ist, so dass man ihn rituell umwandeln kann.

Doramadalawa heißt etwa "Höhe des Torkreises". Der Ortsname entspricht dem Pali-Namen "Dwaramandalaka" in der Mahavansa-Chronik.

Doramadalawa ist auch einer der vielen Orte, die für sich in Anspruch nehmen, dem frühen König Pandukabhaya ein sicheres Versteck vor den Nachstellungen seiner Onkels geboten zu haben. Pandukabhaya, eine halb legendarische Figur, die man ungefähr in die Zeit um 400 v.Chr zu datieren hat, gilt als der erste singhalesische König, der Anuradhapura zu seiner Residenz nahm. Ja, er gilt sogar als Gründer der Stadt. Auch der erste Stausee, am Ostrand Anuradhapuras gelegen, wird auf ihn zurückgeführt. Allerdings berichtet das Mahavansa bereits von einem Begleiter namens Anuradha des ersten Singhalesenkönigs Vijaya und schreibt diesem Anuradha die Stadtgründung und auch die Anlage eines Teichs zu. Archäologisch lässt sich die Besiedlung Anuradhapuras sogar in vorsinghalesische Zeit zurückverfolgen.

Das Mahavansa berichtet über Pandukabhaya, Astrologen hätten seinen zehn Onkels geweissagt, wenn ihre Schwester Ummadacitta einen Sohn gebären sollte, würde er sie alle töten. Sie wurde in einen Turm eingesperrt, um keinen Mann an sie heranzulassen. Dennoch gelang ihr eine Liebschaft mit einem Vetter, der über eine "Krebsleiter" genannte Klettervorrichtung in ihr Turmverließ steigen konnte. Als sie einen Sohn gebar, ließ sie ihn sofort nach der Entbindung gegen ein neugeborenes Mädchen tauschen und von einer Dienerin in einem Blumenkorb nach Dwaramandalaka in Sicherheit bringen, wo er von den dort lebenden Dämonen bewacht wurde. Die Legende berichtet weiter von vielen fehlgeschlagenen Anschlägen der Onkels auf sein Leben, nachdem sie von Pandukabhayas wahrer Identität erfuhren. So ließen sie alle Jungen des Ortes, die an einem See badeten, töten, doch Pandukabhaya war, ohne wie die anderen Jungen seine Kleider am Ufer zu lassen, zu einem Loch eines hohlen Baums getaucht, in dem er sich versteckt hielt. Nach weiteren Mordanschlägen floh Pandukabhaya in den Süden. Dort übernahm seine Erziehung ein Brahmane namens Pandula, dessen Sohn Chandra der loyale engste Freund von Pandukabhaya wurde.  Mit Hilfe Chandras und seines Dämonenheeres konnte Pandukabhaya schließlich wie prophezeit die Onkels besiegen und töten und die Macht übernehmen.

Am Doramadalawa-Tempel wird auf eine Felsnische über der Tür verwiesen, in der Pandukabhaya auf seiner Flucht vor seinen Onkels einen großen Edelstein aufstellte, der nachts das Licht des Mondes gebündelt reflektierte, so dass der Held darunter mit seinen Waffen üben konnte. Und in der Felsenhöhle zeigt man eine Tür, die zu einem unterirdischen Fluchtweg für Pandukabhaya nach Mihintale führen solle.

Die Legende von Pandukabhaya könnte daran erinnern, dass die Fluchtstätte des Helden schon in vorbuddhistischer Zeit ein Heiligtum war, das später von den Mönchen nur übernommen wurde. Die Legende verbindet interessanterweise für die vorbuddhistische Zeit, für die die spätere nationale Religion noch nicht als Identifikationsmerkmal herhalten kann, drei Herkunfts-Stränge des ersten Anuradhapura-Königs, nämlich einerseits seine Verwandtschaft mit dem singhalesischen Königshaus, andererseits seine Gefolgschaft unter den Yakkas, d.h. den "Dämonen", so nennen die Chroniken die angetroffenen Ureinwohner der Insel. Drittens taucht als sakrales Element der Brahmanismus in Gestalt des Priesters Pandula auf, der dem Königssohn siebzig Jahre Friedensherrschaft voraussagt und ihm finanziell hilft, seine Armee gegen die Onkels aufzustellen. So konnte Pandukabhaya auch in vorbuddhistischer Zeit schon zu einer religiösen Legitimation für seine Herrschaft gelangen, wobei das Brahmanentum ähnlich wie später der Buddhismus ursprünglich nordindischer Herkunft ist.

Wahrscheinlich erinnert diese Legende an einen erfolgreichen Aufstand der Einheimischen, vielleicht entstammte der erste Anuradhapura-Herrscher nicht einmal einer Singhalesen-Familie. Er fand dann aber den Segen religiöser Eliten von Singhalesen, die möglicherweise bis dahin den frühen Herrschaftszentren ferner standen, könnte man vermuten. Jedenfalls das Ergebnis der Rebellion gegen die Herrschaft der indogermanischen Einwanderer war keine völlige Verdrängung der singhalesischen Oberschicht, sondern eine Dynastie von Anuradhapura-Königen, die möglicherweise aus den Kreisen der Alteingesessenen stammte, die die Sprache und das Herrschaftsmodell der eingewanderten Singhalesen übernommen hatten. Wenn dem so ist, dann stünde Anuradhapura von Beginn an für eine Integration der Kultur eingewanderter Nordinder durch eine Bevölkerung überwiegend südindischer Herkunft. Nur auf erstere rekurrieren die Chroniken und das Selbstbild der Singhalesen bis heute, aufgrund ihrer indogermanischen Sprache aus Nordindien. Doch in Wahrheit ist die singhalesische - wie übrigens auch die tamilische - Kultur hervorgegangen aus ständig neuen Verbindungen südindisch-drawidischer und nordindisch-indogermanischer Elemente.


q) Mahakandarawa und Steinbrücke

Mahakandarawa (Foto) ist einer der Groß-Stausee in der Umgebung von Mihintale, er liegt vom Ortszentrum aus in nordwestlicher Richtung und ist von den Hügeln des antiken Klosterberges aus gut zu sehen. Die Einheimischen, von denen viele ihn als Badesee benutzen, nennen ihn auch Krokodilsee. Die bis zu 5 m langen Krokodile, die hier leben, gelten als menschenscheu. Trotzdem kann man auf den vielen Steinen im See manchmal welche erblicken. Der Mahakanderawa-Wewa soll von Vatthagamani Abhaya stammen, also noch aus vorchristlicher Zeit. Doch diese Zuschreibung ist fraglich, weil Stauseen dieser Größenordnung erst seit dem 3. nachchristlichen Jahrhundert entstanden.

Über den langen Damm kann man am Westufer des Sees zu einem kleinen Tempel fahren, der zwar nicht von kunsthistorischem Interesse ist, aber recht malerisch am Wasser liegt. Seit einigen Jahren wird er von einer strahlend weißen Buddha-Sitzfigur überragt (Foto).

In seiner Nähe zweigt ein Feldweg ab, dem man einige hundert Meter folgen muss, um etwas abseits in den Feldern eine weitere Hauptsehenswürdigkeit Mihintales erreichen, nämlich die bei weitem besterhaltene Steinbrücke Sri Lankas (Foto), die über den kleinen Fluss Kana Oya führt. Die meisten Brücken in historischer Zeit waren aus Holz und sind nicht erhalten. Wahrscheinlich waren sie überdacht, um das Holz zu schützen. Ein 400 Jahre altes Beispiel einer solchen Holzbrücke gibt es heute noch im Bergland bei Badulla. Wichtige Brücken der Anuradhapura-Zeit waren dagegen aus Stein oder Eisen. Über 30 antike Steinbrücken sind ihrer Lage nach bekannt, im Umkreis von Anuradhapura sind noch Reste von sieben Brücken über den Fluss Malvattu Oya erhalten. Die etwa 25m lange Brücke bei Mihintale am Mahakandarawa ist jedoch die einzige, die so gut wie vollständig erhalten und auch heute noch begehbar ist. Sie sieht aus wie ein megalithisches Monument. 42 Großsteine dienen als Stützen im Flussbett. Auf den vertikalen Träger liegen Querbalken, die die Enden der etwa gleich großen Längssteine zwischen den Brückenpfeilern halten. Insgesamt 5 solche Längssteine nebeneinander bildeten den Brückenweg.



r) Banyanbaum von Tapovane

Zum Schluss sei noch darauf hingewiesen, dass auf halbem Wege zwischen Mihintale und Anuradhapura nur wenige hundert Meter südlich der Straße einer der eindrucksvollsten Affenschwanz-Bäume Sri Lankas steht. Er gehört zum Kloster Tapovane. Unter diesem Namen war schon in der Anuradhapurazeit ein Refugium von Waldeinsiedlern bekannt, das heute meistens mit den sogenannten Westklöstern Anuradhapuras identifiziert wird. Doch das Tapovane, von dem hier die Rede ist, liegt in östlicher Richtung von Anuradhapura. Affenschwanzbäume sind unter vielen Namen bekannt, so als Banyanbaum, und in vielen Kulturen heilig, z.B. auf Bali als Sitz von Dämonen. Der Baum bildet Luftwurzeln aus, die, sobald sie den Boden erreichen, neue Stämme bilden. Auf diese Weise kann ein ganzer kleiner Wald aus einem einzigen Baum bestehen, wie es zum Beispiel im südindischen Chennai zu besichtigen ist. Der Banyan-Baum bei Mihintale bildet zwischen seinen Stämmen einen kleinen Innenhof. Die Anordnung der Stämme lässt erkennen, dass er nicht wild gewachsen ist, sondern über lange Zeiträume hin müssen seine Luftwurzeln gezielt angeordnet worden sein.


In aller Ausführlichkeit wird Mihintale einen Tag lang von unserer dreiwöchigen Studienreise "Kultur total" besichtigt. Einen halben Tag für die Highlights nehmen sich auch die einwöchige Tour "Kultur pur" und die zweiwöchige Rundfahrt "Kultur classic".

 

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Sri Lanka