Diese beeindruckende Monumentalstatue eines Buddha befindet sich etwa 50 km südlich von Anuradhapura, nur 3 km entfernt von dem großen antiken Stausee Kalawewa. Aukana hat einen eigenen Bahnhof an der Strecke nach Polonnaruwa. Außerdem verkehren hierhin Busse von Kekirawa.
Der Ortsname Aukana wird auf der ersten Silbe betont, die beiden folgenden "a" werden wie kurze "e" gesprochen, man spricht den Ortsnamen also etwa aus wie "Aukenne". Aukana heißt "Sonne fressend", was anschaulich wird, wenn morgens die ersten Sonnenstrahlen den Kopf der Felsenfigur treffen.
Wenn man einmal von der eher Relief-artigen Skulptur des Buduruwagala-Buddha südlich des Berglands absieht, ist der Aukana-Buddha die größte Felsen-Statue der Insel aus klassischer Zeit. Sie ist 12m groß, erreicht aber 14m Höhe, da ihre Füße über dem Bodenniveau stehen. Das Lotos-Podest, auf dem sie dabei zu stehen scheint, wurde nicht zusammen mit der Statue aus dem Felsen gemeißelt, sondern getrennt gearbeitet und nachträglich unter die Füße geschoben. Monumental-Statuen dieser Größenordnung waren auf Sri Lanka eine zeitlich befristete Erscheinung in der späten Anuradhapura-Zeit. So stammt der Aukana-Buddha etwa aus dem 9. Jahrhundert.
Granitkolosse gibt es außer in Aukana auch in Sasseruwa, Buduruwagala und Maligawila sowie in Tantirimale und Polonnaruwa. Die letzteren werden manchmal naheliegenderweise in die Polonnaruwa-Zeit datiert, könnten sich aber schon längst dort befunden haben, bevor Polonnaruwa Hauptstadt wurde. Trotzdem werden alle diese Kolosse, auch der Aukana-Buddha, manchmal erst dem Polonnaruwa-König Parakrama Bahu zugeschrieben, also dem 12. Jahrhundert. Oder der Aukana-Buddha wird gar mit einem anderen bedeutenden König in sehr viel früherer Zeit in Verbindung gebracht, nämlich mit Dhatusena, dem Erbauer des Kalawewa und weiterer 17 Tanks. Wahrscheinlich jedoch stammen alle diese Fels-Skulpturen aus dem 7. - 10. Jahrhundert, einer Zeit intensiveren südindischen Einflusses auf das Anuradhapura-Reich. Im Kernraum Indiens selbst sind Statuen von Buddhas nie in diesen Dimensionen geschaffen worden. Eine erste Kolossalstatue eines Buddhawesens entstand im 3. Jahrhundert in Darel am Oberlauf des Indus. Diese Region, Ladakh im Himalaya, gehört heute zwar zum Staatsgebiet Indiens, ist aber kulturgeschichtlich zu Tibet zu rechnen. Dieses Felsrelief galt damals als eine Art Weltwunder. Die berühmte, von den Taliban gesprengte 53m große Riesentatue von Bamiyan in Afghanistan ist in den folgenden Jahrhunderten entstanden. Da sie an einer der Fernhandelsrouten lag, die zur Seidenstraße gezählt werden, konnte sie das Vorbild werden für die vielen gigantischen Felsenbuddhas in China. Die größte Felsenfigur eines Buddha ist im 8. Jahrhundert an einem Nebenfluss des Yangtse entstanden. Dieser Sitzbuddha von Leshan ist 71m hoch, aber künstlerisch weniger ausdrucksvoll. Manchmal wird der Bamiyan-Buddha auch als Vorlage für den Aukana-Buddha Sri Lankas angesehen. Doch dafür spricht nicht sehr viel mehr als die mögliche etymologische Herleitung des Namens "Aukana" aus der Bezeichnung "Afghan". Der Bamiyan-Buddha zeigt das typisch nordindische Gewand der Gandhara-Kunst mit einem einfachen Faltenwurf und gleichmäßiger Bedeckung beider Schultern. Der Aukana-Buddha dagegen steht in der südindischen Amaravati-Tradition mit nur einer bedeckten Schulter und deutlichem Saum an der linken Seite.
In den Geschichtschroniken des Landes ist der Aukana-Buddha erstaunlicherweise kaum belegt. Im Chulavamsa, das u.a. über die spätere Anuradhapura-Zeit berichtet, ist lediglich ein Kalasela-Buddha, also ein schwarzer Buddha erwähnt, mit dem der Aukana-Buddha gemeint sein könnte. Im Felsen des Aukana-Buddha fanden sich auch ältere Mönchs-Höhlen mit Gravuren etwa des dritten nachchristlichen Jahrhunderts.
Der Aukana-Buddha ist zwar mit dem rückwärtigen Felsen verbunden, aber er wirkt trotzdem fast wie eine vollplastische Figur und nicht wie ein Relief, denn die Verbindung ist nicht so breit wie die Statue und hört etwa in der Höhe der Taille auf, so dass der Oberkörper frei im Raum steht. Trotz der Größe sind die Details sorgfältig gearbeitet, zum Beispiel das gelockte Haar. Hingegen ist die aufgesetzte Flamme, eines der Erkennungszeichen des Erleuchteten, Ketumala oder auch Siraspota genannt, erst jüngeren Datums, auf älteren Fotografien sieht man sie noch nicht. Gerühmt wird der Aukana-Buddha für den verinnerlichten Gesichtsausdruck. Besonders gelungen ist das toga-ähnliche Gewand, vor allem der fein modellierte Faltenwurf (Foto), der fast transparent wirkt. Doch betont dick fällt der Saum dieses Mönchsumhangs aus. Im Genitalbereich wirkt die Statue fast feminin. Dies ist bei vielen Buddhafiguren so, es ist nicht Ausdruck der Schamhaftigkeit der Künstler, sondern Symbol für die Überwindung des Leiblichen. Klobig geraten sind hingegen die Hände, insbesondere die Rechte. Die linke Hand hält die Gewandfalten, genauer: Sie hebt die Robe etwas an, denn der Buddha setzt gerade zum Schritt an, und zwar über den Fluss des Geburtenzyklus. Auch diese Handhaltung zum Raffen der Robe ist also ein Symbol der Überwindung des Weltlichen. Die plump wirkende rechte Hand zeigt nicht die gewöhnliche Abhaya-Mudra - das wäre die erhobene Hand mit zum Betrachter hin geöffneter Handfläche als Geste der Schutzgewährung, die man sonst an stehenden Buddhas sieht. Sondern beim Aukana-Buddha ist die Handfläche zur Seite gewendet. Diese Handhaltung nennt man Asisa-Mudra. Sie ist eher selten. Sie ist zwar bekannt aus der Amaravati-Kunst. Das südindische Zentrum des Buddhismus Amaravati hat zweifellos stilistisch den größten Einfluss auf die Bildwerke der Anuradhapura-Zeit genommen. Man kennt diese Mudra aber hauptsächlich von Sri Lanka. Sie tritt ausschließlich bei stehenden Buddhas auf. Diese Asisa-Mudra ist wahrscheinlich einfach eine Geste des Segnens. Man kann sie aber auch deuten als Bezeichnung der Wegrichtung. Im Falle des Aukana-Buddha wäre dies die Richtung des Kalawewa, also des Fruchtbarkeit bringenden Stausees.
Der Aukana Buddha ist heute weiterhin sehr verehrt und ein Ziel für Pilger. Um ihn ist ein modernes Kloster entstanden, das zum Beispiel als Sonntagsschule für die Kinder des nahen Dorfes Aukana genutzt wird. Die Gläubigen kommen zum Aukana-Buddha insbesondere, um um Regen zu bitten. Dazu begießen sie seine Füße und seinen Lotosthron mit roher Milch. Das hohe Ansehen dieser wahrscheinlich schönsten Felsstatue der Insel kommt auch darin zum Ausdruck, dass 1976 in Colombo gegenüber der Bandaranaike-Kongresshalle im Viertel Kollupitiya eine Kopie errichtet wurde.
Ursprünglich stand auch der Aukana-Buddha in einem Innenraum eines Bilderhauses, also eines Pathimagara bzw. eines Pilimage. Reste des Fundaments sind in im Umkreis der Statue noch zu erkennen, ebenso Einkerbungen im Felsen hinter der Statue. Mitte der 70er Jahre wurde eine Art neue Dachkonstruktion um den Buddha herum aus Ziegeln gemauert, als Nachahmung des originalen Statuenhauses, vor allem aber aus Denkmalschutzgründen. Doch dies erwies sich als Fehlkonstruktion. Aus dem Mörtel tropfte ätzender Kalk auf die Statue und beschädigte sie noch stärker als der Regen, vor dem sie geschützt werden sollte. So wurde dieses Ziegelbauwerk in den 90er Jahren wieder entfernt - zur Freude der Fotografen, denn nun steht die Statue wieder, ihrem heutigen Namen gemäß, im Licht der morgendlichen Sonne.
Ein morgendlicher Besuch des Aukana-Buddha steht bei allen drei hier angebotenen Studienreisen mit kunstgeschichtlichem Schwerpunkt auf dem Programm: "Kultur pur", einwöchig; "Kultur classic", zweiwöchig; "Kultur total", dreiwöchig.
Reiseveranstalter ist die Firma
No. 80/b, Lewis Place,
Negombo,
Sri Lanka |