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Buduruwagala

Der Name „Buduruwagala“ wird auf der drittletzten Silbe betont, die als einzige lang gesprochen wird. Eine Nebenbetonung liegt auf der ersten Silbe. Die singhalesische Aussprache lautet dann etwa „Buduruwäägele“. Man kann das übersetzen als „Buddhabildnisfelsen“. Denn das Wort setzt sich aus drei Teilen zusammen. „Budu“ steht für den Buddha. „Gala“ für „Felsen“ ist häufig Bestandteil singhalesischer Ortsnamen. Die mittlere Silbe kommt von „ruwan“, was „schön gestaltet“ bedeutet, womit zum Beispiel Schmuck gemeint sein kann. Ruwan ist auch ein beliebter singhalesischer Eigenname für Männer. Dieses Wort  enthält sowohl die Komponente des kraftvollen Bearbeitens als auch die des ästhetischen Wohlgefallens.

Als eine der bedeutendsten kunsthistorischen Städte des Südens soll diese Felsfiguren-Gruppe hier in aller Ausführlichkeit beschrieben werden.

Das einsam gelegene Buduruwagala hat die neben Aukana bedeutendsten Felsstatuen Sri Lankas aufzuweisen. Es gilt als das landesweit bedeutendste historische Monument des für Sri Lanka sonst untypischen Mahayana-Buddhismus. Vermutlich wegen des überdeutlichen Mahayana-Bezugs wird diese markante historische Stätte von den Geschichtschroniken des Landes völlig ignoriert, da sie von rechtgläubigen Theravada-buddhistischen Mönchen verfasst wurden. Die haben ansonsten die Gründung von Heiligtümern stets sehr ausführlich beschrieben und dabei auch viele Kunststätten des Südens erwähnt, nicht jedoch deren kunsthistorisch wichtigste, Buduruwagala. Da in der Umgebung von Buduruwagala bislang außerdem kaum ein Inschriftenstein gefunden wurde, gibt es so gut wie keine schriftlichen Quellen über dieses großartige Kunstwerk. Man kann es deswegen auch nur ungefähr in die Zeit des 7.-10. Jahrhunderts datieren, am wahrscheinlichsten gegen Ende dieser Zeitspanne. Für diese Jahrhunderte sprechen zwei Gründe: In dieser Zeit entstanden die anderen Großplastiken der Insel, und damals wird zweitens eine speziellen Variante des Mahayana-Buddhismus einflussreich, der Tantrismus. Neben Nalanda ist Buduruwagala das einzige große Monument, das diese Spielart des Buddhismus auf Sri Lanka manifestiert. Dass der Tantrismus in diesen Jahrhunderten auf Sri Lanka präsent war, das allerdings belegen schriftliche Quellen hinreichend. Somit stammen die Felskolosse von Buduruwagala aus der späten Anuradhapura-Zeit. Der Volksmund hingegen schrieb die geheimnisvolle Anlage dem legendären König Valagamba aus der frühen Anuradhapura-Zeit zu.

Buduruwagala liegt knapp 30 km südlich von Ella zu Füßen des Hochlands, ist selbst aber schon Teil des Tieflands. Die Umgebung zeigt die Buschvegetation der Trockenzone. Und der Felsen von Buduruwagala ist einer der typischen Granitrücken, auf die man in allen Tiefland-Regionen der Insel stößt. Er zeichnet sich nicht durch seine Höhe aus, sondern durch seine senkrechte Flanke. Mit etwas Phantasie zeigen deren Umrisse die Gestalt eines knienden Elefanten, der seinen Rüssel zum Mund dreht. Man erreicht den Ort nur über eine holprige Stichstraße, die 5 km südlich von Wellawaya von der Hauptstraße A2 nach Süden in westlicher Richtung abzweigt. An der Kreuzung befindet sich ein kleines Museum für antike buddhistische Kunst. Der unasphaltierte Weg, der hier beginnt, ist nach starken Regenfällen für nicht geländegängige Fahrzeuge kaum mehr befahrbar. Die Stichstraße führt an dem seit einigen Jahrzehnten restaurierten Stauteich Buduruwagala-Wewa entlang (Foto).

Dieser See und die Flussläufe beheimaten heute eine reiche Vogelwelt, so dass der Ausflug nach Buduruwagala bei gutem Wetter auch wegen seiner Naturschönheit lohnt. Das hiesige Kloster beitet sich aufgund seiner schönen Umgebung für einen Meditationsaufenthalt an. Es unterhält für die normalen Touristen auch ein kleines Museum am Eingangsbereich. Vom kleinen Parkplatz mit der Ticket-Hütte muss man dann nur wenige hundert Meter auf einem gepflegten, ebenerdigen Weg gehen, um die Felsreliefgruppe zu erreichen.

Die sieben Felsfiguren (Foto) bilden insgesamt eine schlüssige Gesamtkomposition, aufbauend auf der Dreizahl, die im Mahayana-Buddhismus wegen der Drei-Körper-Lehre (Trikaya) eine herausragende Rolle spielt. Die Haupt-Dreiheit der Figurengruppe besteht aus dem dominanten Buddha (Shakyamuni?) in der Mitte und zwei flankierenden Figurengruppen. Deren Zentralfiguren Avalokiteshvara und Maitreya bilden mit dem historischen Buddha eine klassische Triade des Mahayana-Buddhismus. Des weiteren sind diese beiden wichtigsten Bodhisattvas des Mahayana ihrerseits Zentralfiguren von Dreiergruppen, und zwar mit weiteren typischen Mahayana-Gestalten. Schauen wir uns die sieben Felsfiguren im Detail an.

Die bei weitem höchste und zentrale Figur (Foto) zeigt sehr wahrscheinlich den historischen Buddha Shakyamuni, auf den sich alle Varianten des Buddhismus berufen. Diese Felsfigur für sich genommen entspricht noch den theravadabuddhistischen Bildwerken. Der Kopf hat lockiges Haar, aus dem als ein Erkennungszeichen für einen Buddha der Schädelwulst namens Ushnisha wächst. Mit der Linken hält der Felsbuddha wie der von Aukana sein Gewand. Mit der Rechten zeigt er eine der drei typischen Handhaltungen von Stehenden Buddhas, nämlich die erhobene Hand, genannt Abhaya-Mudra, d.h. die „Geste der Furchtlosigkeit“, gemeint ist die Bannung von Gefahr, die Beruhigung von Aufregung und die Befreiung von Angst. Der Sockel deutet den Lotos an, der als Standfläche oder Thron ein weiteres ikonographisches Merkmal einer Buddhafigur wäre, in diesem Falle aber erst eine spätere Ergänzung ist.

Manchmal wird jedoch gemutmaßt, dass dies keine Darstellung des historischen Buddha Shakyamuni sei, sondern eine des Buddha Dipankara. Diese Identifizierung als Dipankara hat folgenden Hintergrund. Erstaunlicherweise ist die für Sri Lanka eigentlich untypische und provinzielle Mahayana-Kunst doch zu genügend Ruhm gelangt, um im nordostindischen Raum, dem Herkunftsgebiet des Mahayana, eine gewisse Aufmerksamkeit zu erregen. In Nepal fand man Manuskripte in bengalischer Sprache aus dem 11. Jahrhundert, die mit Abbildungen die Ikonographie des Mahayana in verschiedenen Teilen der Welt behandeln. Und dort wird erwähnt, dass der Dipankara auf Ceylon zur Rechten von Avalokiteschwara und zur Linken von Maitreya flankiert sei, wohingegen sich in der Kunst auf Java die genau umgekehrte Anordnung finde. Nun kennt man aber heute aus Sri Lanka sonst keine Bildwerke, in der eine Mittelfigur von Awalokiteschwara und Maitreya flankiert wird. So kann es durchaus sein, dass sich jener bengalische Text auf die eindrucksvollen Felsenbuddhas von Buduruwagala bezieht. Dipankara gilt als einer der ersten Buddhas, die lange vor dem historischen Buddha gewirkt haben sollen. Es gibt ja nicht nur einen Buddha; Buddha ist die Bezeichnung für ein Wesen, dass erstens aus eigener Kraft das Nirvana erlangt und zweitens anderen auf dem Weg dorthin behilflich ist. Dipankara gehört nicht zu den fünf Buddhas unseres Weltzeitalters, an die das orthodoxe Theravada glaubt, sondern ist der erste einer Reihe von etwa zwei Dutzend Vorläufern Buddhas gewesen, aber in einem früheren Weltzeitalter. Schon Texte der Hinayana-Schulen erwähnen Dipankara. Im sehr alten und populären Mahavastu, das die Jugend des Shakyamuni legendarisch beschreibt, aber auch dessen frühere Leben einbezieht, nimmt Dipankara sogar eine prominente Stellung ein. Denn in einer früheren Existenz soll der spätere Buddha Shakyamuni dem Buddha Dipankara begegnet sein und nach seiner Ehrerbietung eine Prophezeiung Dipankaras über sich erfahren haben, die der Auslöser wurde, selbst den Weg durch viele Leben hindurch zur Buddhaschaft anzutreten, die Dipankara schon erreicht hatte. Erst im Mahayana aber wird Dipankara zu einer bedeutenderen Kult-Gestalt, die dann vor allem im Tantrayana auch recht häufig abgebildet ist. Als erster Buddha ist er „Bringer des Lichts“ oder "Entzünder der Lichts", darum ist er oft mit einer Flamme dargestellt, worauf in Buduruwagala die Flammenloch zu seiner Rechten anspielen könnte. Und in der mahayanischen Ikonographie ist er in der stehenden Position stets von Bodhisattvas begleitet, wie in Buduruwagala. Allerdings gehört zu seinen Begleitern meist Manjushri. Die Kombination von Awalokiteshwara und Maitreya als Begleitern wie in Buduruwagala ist für den Dipankara der Mahayana-Kunstwerke eher untypisch, wenn man von der erwähnten Textpassage über Sri Lanka und Java absieht. Vor allem trägt der Dipankara des Mahayana-Buddhismus eine fünfzackige Krone. Da die anderen Felsstatuen Buduruwagalas den Kopfschmuck von Mahayana-Gestalten deutlich zeigen, wäre eigentlich von einer Dipankara-Statue das gleiche zu erwarten. Sollte es sich bei dieser Kolossalstatue dennoch um Dipankara handeln, wäre es heute auf Sri Lanka die einzige bekannte Darstellung dieses Buddhas.

Diese Statue erreicht knapp 17m Höhe und ist damit die größte der Insel und ganz Südasiens. Allerdings ist sie bei weitem nicht so plastisch herausgemeißelt wie die von Aukana, sondern wirkt sehr flächig. Auch die Sorgfalt der Ausarbeitung und der Detailreichtum bleiben weit hinter dem Aukana-Buddha zurück. Die Skulptur mag riesig sein, ist aber künstlerisch weniger beeindruckend. Vielleicht liegt das daran, dass sie gar nicht fertiggestellt wurde. Der obere Teil wurde geglättet, der untere ist jedoch nur grob aus dem Fels gehauen. Oder die Figur hat ihre ursprüngliche Schönheit mit der bemalten Putzschicht verloren, von der nur an einigen Stellen noch Reste zu sehen sind.

Am rechten Bein der Statue sieht man die erwähnte Aushöhlung des Felsens in Form einer Flamme. Sie wird darum Lampenfeuer genannt. Es heißt, in sie rinne eine Flüssigkeit, die wie Senföl rieche und deren Herkunft unerklärlich sei. Die Pilger sollen sie sich auf die Stirn streichen und sich danach zu einer der beiden betont tantrischen Felsstatuen links oder rechts begeben, um das „Satyakriya“ zu vollziehen, sagt der kleine Prospekt des Meditationszentrums von Buduruwagala. Was damit gemeint ist, bleibt unklar.

„Satyakriya“ ist weder der Name eines spezifisch tantrischen Rituals noch einer heutigen volksreligiösen Praxis in Sri Lanka. Übersetzt heißt es „Wahrheits-Übung“, etwa im Sinne eines Gelübdes. In der indischen Religiosität bezeichnet man mit Satyakriya genauer eine Art magischer Sprechhandlung. Dabei wird dem Aussagen einer Wahrheit eine Kraft zugesprochen, mit deren Hilfe ein Ziel erreicht werden könne. Einige Sprüche der alten Veden der Hindus werden als Satyakriyas interpretiert. Im Buddhismus galten lange vor dem Tantrismus manche Texte zu buddhistischen Grundauffassungen auch als Zauberformeln zur Erlangung von Machtmitteln. Eine alte Legende berichtet über ein klassisches Satyakriya am Hofe des buddhistischen Überkaisers Ashoka: Eine Prostituierte konnte mit der Kraft eines Wahrheitsanspruchs sogar den Flusslauf des Ganges ändern; ihre Wahrheit bestand darin, dass sie alle Kunden ungeachtet ihrer Kastenzugehörigkeit gleich behandelte. Auf Sri Lanka sind Satyakriyas traditionell eigentlich keine religiösen Übungen von Privatleuten, sondern eine hochpolitische öffentliche Handlung. Streng genommen sind sie Akte nur der weltlichen oder geistlichen Führungspersönlichkeiten. So hatte Dutthagamanis Schwur, die nicht-buddhistische Herrschaft in Anuradhapura zu beenden, die Gestalt eines Satyakriya: So wahr er den Ruhm des buddhistischen Ordens mehren wolle, so gewiss werde er den hinduistischen Fremdherrscher vertreiben. Die Kraft seiner Wahrhaftigkeit würde ihm zum Sieg verhelfen. In der jüngeren Zeit wurden in Sri Lanka wiederholt Satyakriyas von chauvinistischen Oppositionsführern ausgerufen, wenn eine „unredliche“ Regierung irgendwelche Zugeständnisse föderaler Art an die Tamilen in Aussicht stellte; Satyakriyas sind dann Proklamationen eines dagegen Ankämpfens, dessen Lauterkeit zum Erfolg führen werde. - Zurück zum archäologisch Belegbaren:

Die Dreier-Gruppe (siehe Hauptfoto oben), die den zentralen großen Budhha zu seiner Rechten flankiert, zeigt ihrerseits eine prägnante Mittelfigur, die etwas größer ist als ihre beiden Begleiter, sie erreicht noch 7m Höhe. Heute ist sie um so auffälliger, als sie als einzige ganz geglättet ist und noch ihren weißen Putz trägt. Zudem ist ihr Haupt von einer orangefarbenen Gloriole umgeben, die ein Hinweis auf die ursprüngliche Bemalung aller Statuen sein kann. Die Augen der Skulptur sind ungewöhnlich klein. Diese weiße Gestalt fällt - wie alle fünf weiteren – sehr aus dem Rahmen der theravadabuddhistischen Ikonographie Sri Lankas. Hüfte und Taille sind sehr betont gerundet. Sie trägt einen auffälligen Gürtel aus vielen parallelen Schnüren wie hinduistische Götterbilder oder indische Tempeltänzerinnen. Besonders markant ist hier die hohe Krone, ein typisches Attribut der Hindu-Gottheiten und mahayanabuddhistischer Heilsgestalten. In der Mitte dieser Krone kann man ein Relief erkennen, das einen meditierenden Buddha darstellt. Dies ist ikonographisch ein ziemlich sicheres Erkennungsmerkmal für Avalokiteshwara, den verehrtesten Bodhisattva im Mahayana-Buddhismus. Seine Handhaltung ist jedoch ikonographisch etwas ungewöhnlich, wenn man nach den indischen Vorbildern fragt. Alle Finger der erhobenen Hand sind gekrümmt, die mittleren stärker als die äußeren. Es handelt sich um eine Handstellung namens Katakahasta, auch Katakamukham-Hasta genannt. Wörtlich heißt das „Krebshand“.

Das Sanskritwort Hasta bedeutet Hand, genauer die Hand zusammen mit dem Unterarm. Mit Hasta können ikonographisch drei ganz unterschiedliche Aspekte der Handhaltung gemeint sein: In der indischen Tanzkunst (Bharata Natyam) werden oft die Handstellungen selbst als Hastas bezeichnet, dann ist dieses Wort geradezu synonym mit Mudras; spricht man von Mudras, betont man damit nur stärker die symbolische Funktion solcher Gesten, nämlich bestimmte Wirkungen zu erzielen; Mudras sind ganz durch die Anordnung der Finger charakterisiert und entfalten ihre magische Wirkung allein durch die Ausdruckskraft der Handhaltung. Zweitens bezeichnet man mit Hasta die gesamte Armhaltung, vor allem bei den zweihändigen Gesten (samyukta hastas), ohne damit eine magische Symbolik verbunden zu sehen. In diesem Sinne kann man die berühmte Abhaya-Mudra mit ihrer beruhigenden Kraft auch rein äußerlich als Abhaya-Hasta bezeichnen, insofern es für diese Handhaltung erforderlich ist, dass der Unterarm auf Brusthöhe nach oben gestreckt ist. Drittens aber meint man mit Hasta eine ganz spezielle Form von symbolischer Handhaltung, wie man sie hier in Buduruwagala sieht. Handstellungen, mit denen die Götterfiguren ihre Waffen oder andere Gegenstände als machtvolle Symbole (sogenannte Attribute) tragen, sind an sich, streng genommen, keine Mudras, da nicht die Handhaltung als solche die Symbolik bestimmt, sondern eben die hochgehaltene Waffe. Nun kommt es aber vor, dass das Attribut selbst gar nicht mehr mit abgebildet ist, sondern nur angedeutet durch das für dieses Attribut charakteristische Hasta. Dann ist diese Handstellung wiederum symbolisch, ein direktes Symbol für das fehlende Attribut und ein mittelbares Symbol für diejenige Wirkkraft, die mit diesem Attribut ausgedrückt war. Und dafür ist die Handhaltung dieser Awalokiteshwara-Statue das beste Beispiel, aus folgendem Grund:

Mit der Haltung Katakahasta wird eigentlich eine Blume gehalten, meistens der Lotos. Doch die Darstellung einer solchen Blume fehlt. Sie ist nur noch durch die Handhaltung selbst repräsentiert.

Trotz dieses Symbolcharakters handelt es sich aber um keine Mudra, denn mit solch einem Hasta bezeichnet man keine wirkungsvolle Geste, sondern einen symbolischen Griff um das wirkungsvolle Objekt. Manchmal also repräsentiert, wie hier, die Handhaltung Hasta schon alleine auch das getragene Attribut. In anderen Fällen wurde tatsächlich ein getrennter Gegenstand gehalten, der aber dann mangels hinreichender Befestigung verloren ging. Man kennt die Katakahasta zwar von Bronzen und Steinstatuetten Indiens, vor allem bei weiblichen Gottheiten, und findet sie bisweilen auch im Buddhismus im Himalayaraum und in Südostasien. Aber die klassische Katakamukham-Hasta aus dem indischen Tempeltanz setzt andere Akzente. Die unterschiedliche Krümmung der Finger ist weniger betont. Meist sind die Hände dabei nicht in Brusthöhe hochgehalten und die Handinnenflächen frontal zum Betrachter gerichtet wie in Buduruwagala, sondern die Hände abgewinkelt. In Sri Lanka jedoch ist die flächige Variante der Katakahasta, die den Betrachter dezent herbeizuwinken scheint, sehr häufig anzutreffen und geradezu ein Kennzeichen von unterschiedlichsten Figuren des Mahayana-Buddhismus. Diese Art Katakahasta ist geradezu interpretierbar als eine symbolische Aufforderung an den Gläubigen, der Kultfigur eine Blume zu überreichen. Man findet die gleiche Handhaltung nicht nur mehrfach bei weiteren Statuen Buduruwagalas, sondern auch an der Kolossalstatue von Dambegoda bei Maligawila sowie an zahlreichen Bronze- und Steinstatuetten, insbesondere an der berühmten Bronzeplastik von Veheragala. Viele Figuren zeigen wie sie die Katakamukham-Hasta nur mit einer Hand, so auch die Kushtaraja-Felsstatue an der Südküste bei Weligama. Beide Hände in der Katakahasta-Haltung sind bei indischen Götter-Skulpturen äußerst selten. Dagegen ist bei den mahayanabuddhistischen Bodhisattva-Darstellungen Sri Lankas auch die beidseitige Katakahasta recht geläufig,  hier in Buduruwagala zeigen gleich beide Zentralfiguren der Dreiergruppen sie. Sie ist damit gewissermaßen ein mahayanabuddhistisches Spezifikum dieser Insel des Theravada-Buddhismus geworden.

Zur Linken des Awalokiteshwara steht die einzige weibliche Kolossalfigur Sri Lankas, erkennbar an den Brüsten. Die Figur zeigt sehr ausgeprägt den typischen Hüftschwung der indischen Kunst namens Tribangha, der von der Theravada-Kunst nicht übernommen wurde. Es handelt sich bei dieser Frauengestalt um Tara, eine Emanation des Awalokiteshwara, ist sie doch aus einer Träne entstanden, die er aus Mitleid über das Leid in der Welt vergoss.

„Tara“ heißt eigentlich „Stern“, was darauf hinweist, dass der Buddhismus hier an eine vormals hinduistische Himmelsgottheit anknüpfte.  Tara wird angebetet als die große Retterin, sie ist die Personifikation auch der Erleuchtungs-Weisheit, die aus dieser Welt rettet, gilt aber ebenso als mächtige innerweltliche Helferin, vor allem gegen die Naturgewalten wie Erdbeben, Überschwemmungen und Epidemien, und damit als Personifikation der Barmherzigkeit des Bodhisattva Awalokiteshwara. Auch in der Ikonographie Tibets wird sie meist mit nackten Brüsten dargestellt. Die Verehrung der weiblichen Tara ist charakterisch für das Tantrayana. Diese tantrische Form des Buddhismus hat sich also auch in der Kunst Sri Lankas eine Verkörperung geschaffen, aber nicht nur diese. Beispielsweise auf die tantrische Kunst am Nalanda Gedige sei hier hingewiesen. Und vermutlich ist Tara neben Avalokiteschwara auch abgebildet an einer Plinthe des Vijayarama-Tempels nördlich Anuradhapuras, wo sie außerdem in Inschriften erwähnt wurde. Aber die markanteste Manifestation des Tantrayana wird uns noch in Buduruwagala zur Linken des Kolossal-Buddhas begegnen.

Zur Rechten des Awalokiteshwara steht in der gleichen anmutigen Tribangha-Körperhaltung eine feminin wirkende männliche Figur, männlich, da die Brüste nicht betont sind. Darum kann es sich nicht um Bhrikuti handeln, obwohl das manchmal behauptet wird, da Avalokiteshwara im tantrischen Buddhismus oft in Begleitung dieser beiden weiblichen Astralgestalten Tara und Bhrikuti abgebildet ist.

Dann wäre Bhrikuti die Personifikation der überweltliche Weisheit Awalokiteshwaras gegenüber  Tara, die wie gesagt für seine innerweltliche Barmherzigkeit steht. Wird Awalokiteshwara von zwei Figuren flankiert, von denen eine Tara ist, ist die andere oft auch Hayagriva, eine zornige Ausdrucksform des Awalokiteschwara. Dann steht Tara für seine sanftmütige Anteilnahme und Hayagriva für sein Grauen angesichts des Unheils, das in der Welt angerichtet wird. Aber Hayagriva zeigt ikonographisch immer irgendeine Darstellung eine Pferdes, ist er doch der „Pferdenackige“. So kann man indirekt erschließen, dass es sich hier in Buduruwagala noch um eine ganz andere Person handelt, die ebenfalls in Dreiergruppen mit Tara und Avalokiteschwara zu dessen Rechten auftaucht, und zwar Suddhana, manchmal auch Suddhanakumara genannt, was „Prinz Suddhana“ oder „Junger Suddhana“ heißt.

Meistens wird die Statue zur Rechten des Avalokiteshvara als der nur aus den Mahayana-Sutren bekannte Sudhana angesehen. Wie die Statue der Tara zeigt auch die des Sudhana die erwähnte Handhaltung namens Katakahasta. Die Figur ist wahrscheinlich unvollendet, jedenfalls bei weitem nicht so sorgfältig ausgearbeitet wie die beiden andern der Gruppe.

Von Suddhana handelt eine besonders berühmte Erzählung des Mahayana-Buddhismus. Er ist die mythologische Hauptgestalt des Gandavyuha-Sutra, des letzten Teils der Schriften des Avatansaka-Sutra, das übersetzt „Blumengirlanden“-Sutra heißt und einer ostasiatischen Mahayana-Schule diesen Namen gab. Die philosophisch einflussreiche ehemalige Huayen-Schule Chinas und die Kegon-Sekte Japans bilden diesen Zweig des Buddhismus. Das Sutra erzählt in großer Ausführlichkeit, wie der jugendliche Prinz Sudhana eine Reise nach Süden antritt, um sich durch 52 Lehrer des Mahayana, darunter Brahmanen, Ärzte, Frauen und Götter, über den Weg zur Erleuchtung belehren zu lassen. Die wichtigsten Stationen sind die letzten drei. Der Bodhisattva Maitreya lässt Sudhana in Gleichnissen die Wahrheit über die Welt sehen, nämlich dass jeder Teil von ihr in jedem anderen präsent und wirksam ist, eine Grundidee der Huayen-Philosophie der wechselseitigen Bedingtheit alles Seienden. Die Wahrheit über die Erleuchtung aus dieser Welt erfährt Sudhana bereits auf seiner vorletzten Station beim Bodhisattva Manjushri. Der war bereits der Ausgangspunkt zu Beginn der Reise gewesen und lässt Sudhana nun die Zirkelhaftigkeit seiner Erlösungssuche erkennen, nämlich dass Erleuchtung nicht nach einer Zeit der Unerleuchtetheit erlangt wird, sondern längst auf dem ganzen Weg der Suche präsent sei und dass man sich dessen nur bewusst zu werden brauche. Die Aufhebung der Unterscheidung von leidvollem Diesseits des Sansara und leidfreiem jenseitigem Nirvana ist eine der Grundlehren des Mahayana. Auf der letzten Station der Reise beim Bodhisattva Samantabadra aber stößt Sudhana darauf, dass nicht eine erlösende Erkenntnis Ziel seines Erleuchtungsweges ist, sondern das Einschlagen eines anderen Weges, nämlich des mitleidvollen Handelns eines Bodhisattvas in der Welt. Hier finden sich die berühmten 10 Gelübde, die ein Mensch abzulegen hat, der es angeht, selbst ein Bodhisattva zu werden, indem er durch Wohltaten für andere gutes Karma zur Vorbereitung auf die Erleuchtung sammelt. Die Geschichte von der Reise des Sudhana ist sehr populär zum Beispiel im chinesischen Buddhismus, sie stand in so hohem Ansehen, dass sie am Borobodur auf Java nicht nur ausführlicher bebildert wurde als das Leben des historischen Buddha, sondern auch symbolträchtig in den höheren Etagen des Tempelbergs angebracht ist, also näher an der Spitze, die für das Nirvana steht. Darstellungen, die Avalokiteshwara zusammen mit Sudhana zeigen, sind durchaus geläufig. Doch meist steht dabei nicht Sudhana neben Avalokiteshwara wie in Buduruwagala, sondern erweist dem sitzenden Bodhisattva seiner Ehrerbietung.

Die Dreiergruppe zur Linken der Zentralfigur am etwas schwerer zugänglichen Teil des Felsens ist nicht weniger sehenswert. Ihre Zentralfigur ist der Maitreya, der Buddha der Zukunft. Maitreya ist der einzige Bodhisattva, der traditionell Verehrung auch im Theravada genießt, es ist der erwartete nächste Buddha, der die Lehre seines Vorgängers erneut aus eigener Kraft finden und sie einige aufmerksame Zuhörer in alter Reinheit wieder lehren wird, so dass man als frommer Theravadin im Falle einer günstigen Wiedergeburt dereinst das Glück haben kann, sein Schüler zu sein und so einen leichteren Zugang zum Nirvana zu finden.

Als Maitreya ist die Felsstatue identifizierbar durch die beiden Lotosblüten auf seinen Schultern, nahe dem Hals. Die ursprüngliche Bemalung mag das Standbild verloren haben, aber ansonsten ist es vollkommen fertig gestellt und sehr gut erhalten. Besonders eindrucksvoll sind die Ornamente der Haarkrone und des Gürtels. Wie beim Avalokiteshwara zeigen beide Hände die Katakahasta.

Zur Linken des Maitreya sehen wir die zweite typisch tantrische Gestalt Buduruwagalas, nämlich den Bodhisattva Vajrapani. Eine Vajrapani-Darstellung ist für Sri Lanka sehr ungewöhnlich, außer der Felsstatue von Buduruwagala gibt es nur noch eine Bronze, die sich heute im Boston Museum befindet. Vajrapani symbolisiert die Reinheit und die Unzerstörbarkeit der buddhistischen Erlösungslehre. „Vajrapani“ bedeutet „der den Vajra hält“. Und genau daran kann man diese Felsskulptur identifizieren. Die rechte Hand trägt einen tantischen Vajra, was für die großen Skupturen Sri Lankas einmalig ist. Ikonographisch hat sich der Vajra aus der Wurf-Waffe Indras entwickelt, die man oft als „Donnerkeil“ bezeichnet. Doch „Vajra“ bedeutet eigentlich „das Diamantene, Harte“.

Der Vajra hat der verbreitetsten Spielart des tantrischen Buddhismus seinen Namen gegeben: Das Vajrayana ist vor allem die Religion Tibets. Dort ist das „Vajra“ unter dem tibetischen Namen „Dorje“ eines der beliebtesten Symbole überhaupt. Es ist das Symbol für das Mittel der Erkenntnis zur Erlangung der Erleuchtung. Es steht auch für den Phallus, das männliche Prinzip. Sein weibliches Pendant ist die Glocke, Symbol des Erleuchtungsziels selbst. Bei Ritualen trägt der tibetische Mönch häufig Vajra und Dorje in seinen beiden Händen. Ein stehend dargestellter Vajrapani ist in der tantrischen Ikonographie meist der Begleiter einer anderen wichtigen buddhistischen Heilsgestalt, wie in Buduruwagala steht er zu deren Linken. Doch es gibt auch eine auffallende Abweichung von den tibetischen Darstellungen: Eigentlich trägt Vajrapani das Diamantzepter stets in seiner Linken. Hier in Buduruwagala ist es die Rechte. Auch ist das Vajra in Buduruwagala sehr viel stärker stilisiert als in tibetischen Darstellungen. Dies mag ein Hinweis darauf sein, dass die tantrische Bildsprache auf Sri Lanka doch stets etwas Fremdartiges blieb. Oder anders ausgedrückt: Für den tantrischen Kulturraum ist Sri Lankas Kunst ziemlich provinziell. Klassisch ist hingegen die Handhaltung. Attribute wie der Vajra werden meistens auf ausgestrecktem Zeige- und Mittelfinger hochgehalten, während Ring- oder kleiner Finger gekrümmt sind. Sind beide gekrümmt, wäre dies das sogenannte Kartarihasta. Doch der Vajrapani von Buduruwagala hat nur den Ringfinger gekrümmt. Drei Finger sind gerade. Dies ist die Tripatakahasta, eine der 28 klassischen Asamyukta Hastas („einhändige Handhaltungen“) des indischen Tempeltanzes. Figuren von Shiva und Vishnu zeigen gewöhnlich diese Handhaltung, wenn sie ihre Attribute tragen.

Die Figur zur Rechten des Maitreya ist nicht klar identifiziert. Manchmal wird sie für einen weiteren Bodhisattva oder für den Gott Vishnu gehalten, meist aber für Brahma oder eine seiner Erscheinungsformen namens Sahampath. Sahampath ist eine der buddhistischen Gottheiten, die im Hinduismus unbekannt sind. Die Hände dieser Skulptur sind nicht mehr zu erkennen, und der untere Teil der Figur ist nur grob gearbeitet. Aber der Oberkörper war geglättet, und der Kopf ist sehr fein gestaltet. Diese Figur zeigt das zarteste und schönste Gesicht Buduruwagalas, ganz im Kontrast zur Zentralfigur des Buddha.   

Im Umkreis der Felskolosse wurden auch unscheinbare Reste einer Dagoba und eines Bilderhauses gefunden sowie kleine Buddhafiguren. Mit Sicherheit handelte es sich einst um eine bedeutende Klosteranlage, gegründet wahrscheinlich von einem Regionalfürsten Rohanas. Viele Jahrhunderte war der Ort dann völlig verwildert. Erst in den siebziger Jahren begann man mit auf Initiative des Mönchs Obbegoda Dhammatilaka Nayaka Thero mit der Restauration, um Buduruwagala zu pflegen und zu einem Pilgerheiligtum zu machen. Der Tank und die Straße wurden angelegt, Bauernfamilien angesiedelt, und eine Meditationsschule wurde gegründet. Sie verfügt auch über ein kleines Museum.


Besichtigungen von Buduruwagala sind Teil der hier angebotenen Studienreisen "Kultur classic" und "Kultur total".

 

Reiseveranstalter ist die Firma

No. 80/b, Lewis Place,
Negombo,
Sri Lanka