Namal Uyana (sprich Namal Ujenne, mit Betonung auf dem "U") liegt mitten im Kulturdreieck einige Kilometer südlich des Kalawewa. Es ist ein historischer Ort, da man hier Reste eines antiken Klosters gefunden hat, doch vor allem ist es eine Naturschönheit, und zwar gleich in mehrfacher Weise. Namal Uyana ist das größte Rosenquarz-Massiv Südasiens, es gilt als der wichtigste Fundort für Pflanzen-Fossilien auf der Insel, und zu Füßen des Quarzbergs liegt der größte Eisenholz-Wald Sri Lankas von 10 Quadratkilometer Ausdehnung. Darum ist Namal Uyana zum nationalen Schutzgebiet für Eisenholz erklärt worden.
Eisenholz nennt man in aller Welt verschiedene Arten von Edelhölzern mit einer besonders großen Härte und Dichte. Singhalesen nennen das sogenannte ceylonesische Eisenholz Na-Baum, mit langem "a" gesprochen, die botanische Bezeichnung ist Mesua ferrea. Es handelt sich um einen immergrünen Baum aus der Familie der Johanniskrautgewächse, der trotzdem eigentümlicherweise verschiedene Färbungen der Blätter zeigt, allerdings nicht im Laufe der Jahreszeiten, sondern mit dem Wechsel seines Lebensalters. Der junge Baum hat rötlichere Blätter. Das ceylonesische Eisenholz kommt in ganz Südasien vor, in Nepal wächst es bis auf 1500m Höhe. Doch die ideale Höhe sind 400m. In Namal Uyana wächst es ungewöhnlicherweise in großen Mengen im Tiefland. Und das hat einen historischen Hintergrund.
König Dappula II. ließ hier zu Beginn des 9. Jahrhunderts eine Art Asyl einrichten. Jeder, der auf der Flucht war, und sei es ein vom König selbst gesuchter Verbrecher, konnte hier sicheren Schutz finden, wenn er sich unter die Aufsicht der Mönche begab und für sie arbeitete. Nur die Mönche übten hier die Rechtssprechung aus. Die Legende sagt, die hierhin geflohenen Straffälligen hätten sich in Eisenholz-Bäume verwandelt. Archäologen glauben, dass sie von den Mönchen dazu angehalten wurden, diese Bäume zu pflanzen, um den Ort noch schöner und weihevoller zu machen. Der nächste Buddha soll unter einem solchen Eisenholz-Baum die Erleuchtung erlangen. Darum gilt der Baum als heilig. Wurzeln, Blüten und Blätter spielen in der Ayurveda-Medizin eine Rolle, insbesondere zur Stillung von Blutungen. Sein Holz wurde traditionell nur zum Bau von Heiligtümern verwendet, nicht nur für buddhistische und hinduistische Schreine, sondern auch für Moscheen und Kirchen. Für die späteren Generationen werden Na-Bäume weiterhin gerne nahe Heiligtümern gepflanzt, so dass die Geschichte vom uralten Riesen-Sanktuarium Namal Uyana eine gewisse Glaubwürdigkeit hat. Die heutigen Na-Bäume Namal Uyanas sind mehrere Jahrhunderte alt, aber wahrscheinlich nicht mehr original aus der Anuradhapura-Zeit. Sondern die Pflanzungen müssen bis ins späte Mittelalter fortgesetzt worden sein. Der Eisenholz-Wald von Namal Uyana ist jedenfalls kein Urwald, sondern eine sehr alte Plantage, wofür auch die einigermaßen regelmäßige Anordnung der Na-Bäume spricht.
Doch heute wirkt das tierreiche Areal wie ein Dschungel. Neben den Na-Bäumen gibt es andere imposante Baumarten, so den Banyan-Baum, der aufgrund seiner vielen Luftwurzeln auch Affenschwanzbaum genannt wird (Foto). Wenn diese Luftwurzeln den Boden erreichen, bilden sie einen neuen Stamm aus.
Auch von den Singhalesen so genannte Schlangenbäume (Foto) sind häufig im Wald von Namal Uyana. Sie scheinen von schlangenartigen Lianen umrankt zu sein, doch diese Ranken sind Teil des Baums und aus dem gleichen harten Holz. Der artenreiche, dichte Wald von Namal Uyana ist auch insofern eine biologische Besonderheit, als er außer dem Eisenholz-Baum weitere Pflanzen aufweist, die man aus den Feuchtgebieten Sri Lankas im Südwesten der Insel kennt, die aber nicht zur typischen Vegetation des Trockengebiets gehören. Das Ungewöhnliche an Namal Uyana ist, dass man hier die Baumarten von Feuchtland und Trockenregion zusammen am gleichen Ort antrifft. Namal Uyana ist damit eine tropische Oase in dem Buschland des ariden Kulturdreiecks. Das liegt natürlich an dem Wasserreichtum dieses Teils des Kulturdreiecks. Quellen und Bachläufe prägen den Wald. Die Hauptquelle liefert dabei zu allen Jahreszeiten ziemlich gleichmäßig viel Wasser, wie sonst nur die Quellen des Feuchtgebiets. In Namal Uyana findet man 72 Heilkräuter, die im Ayurveda Verwendung finden. Auch die Fauna ist entsprechend vielfältig. Es soll allein 75 verschiedene Arten von Waldameisen geben. Alle Arten von Schlangen Sri Lankas leben hier, auch Kobras und Pythons. Eine Eidechsenart ist endemisch, d.h. es gibt sie nur in Namal Uyana.
Vom Parkplatz mit dem Ticket-Office aus muss man etwa zwei Kilometer durch den Wald zu Fuß gehen, um zum Kernareal zu gelangen. Die Strecke ist sehr gut begehbar und frei von Steigungen. Unterwegs verlaufen quer zum Weg Elefantenpfade. In diesem Schutzgebiet leben nämlich viele wilde Elefanten, die am späten Nachmittag zur Tränke ziehen. Es hat durch Zusammenstöße schon menschliche Todesopfer in den Dörfern der Umgebung gegeben, vor allem deshalb, weil die Dorfbewohner natürlich bemüht sind, die Elefanten von ihren Feldern zu vertreiben.
Man gelangt zunächst zu einer Gruppe von neueren Gebäuden, darunter ein kleiner Devale-Schrein für Hindu-Götter und ein Bilderhaus. In der Nähe mehrhundertjähriger sehr großer Eisenbäume liegt auch ein neues Bilderhaus mit einem Geschenk thailändischer Mönche für Namal Uyana. Sri Lankas Mönche unterhalten enge Kontakte nach Südostasien aufgrund der gemeinsamen Theravada-Variante des Buddhismus. Das Geschenk der thailändischen Pilger war eine neue Sitz-Statue des Buddha im siamesischen Stil (Foto).
Dann kommt man, tiefer im Wald, in Richtung Rosenquarzmassiv, zu den Ruinen des antiken Klosters von Namal Uyana. Der Ziegelstein-Stupa ist schmucklos (Foto). Darum datiert ihn der hiesige Mönch Rev. Wanawasi Rahula Thero auf die frühe Anuradhapura-Zeit. Neben dem Stupa liegt ein Baumtempel, ein Bodhigara, im Wald versteckt. Seine Fundamente sind teilweise mit neuen Steinen nachgebaut. Aber man erkennt gut an der Größe die alten Originalsteine, die vor allem die Ecksteine bilden.
Folgt man dem Bachlauf weiter aufwärts, gelangt man nach weiteren 500m zu dem anderen Naturwunder Namal Uyanas, nämlich dem Rosenquarz-Felsen. Es ist wie gesagt das größte Rosenquarz-Massiv Südasiens (Foto). Der ganze Berg scheint ein einziger Rosenquarz-Monolith zu sein. Die Qualität des Steins ist so gut, dass man erzählt, das Baumaterial für die Rosenquarz-Teile der Fenster am Taj Mahal sei von Kaiser Shahjahan, der beim Bau des Grabs für seine Geliebte keine Kosten und Mühen scheute, aus dem fernen Namal Uyana besorgt worden. Tatsächlich scheint der Stein hier auch an manchen Stellen abgebaut worden zu sein. Der Felsen wird auf ein Alter von über 500 Millionen Jahren geschätzt.
Auf dem Berg aus Rosenquarz (Foto) wurde eine malerisch gelegene neue Buddhastatue in passender rosa Farbe errichtet (siehe Hauptfoto oben). Man kann den Berg besteigen und hat von oben großartige Ausblicke in alle Richtungen. Ein Besuch dieses Felsens wird zweifellos zu den bleibenden Eindrücken einer Reise nach Sri Lanka gehören.
Der Mönch Wanawasi Rahula Thera, der seit Anfang der neunziger Jahre die Pflege des Natur- und Kultur-Denkmals Namal Uyana zu seiner Lebensaufgabe gemacht hat, ist den bislang eher seltenen ausländischen Besuchern gegenüber sehr aufgeschlossen und heißt sie gerne persönlich willkommen. Er hat hier erst in einem Baumhaus gewohnt, um so wenig Land wie möglich für sich zu beanspruchen. Inzwischen lebt er in einer einfachen Holzhütte. Wanawasi Rahula Thera steht gleich in dreierlei Hinsicht in der Jahrtausende alten Tradition der Mönche der Insel. Erstens hat er sich, wie die antiken Waldmönche, in diesen Nabaum-Wald zu Zwecken der ungestörten Meditation zurückgezogen. Er möchte auch ein Meditationszentrum in dieser idealen Umgebung aufbauen. Zweitens aber widmete er sich, wie schon die Mönche der frühen Anuradhapura-Zeit, der Pflege seiner Wahlheimat, d.h. dem, was man heute Naturschutz nennt. Zu der Zeit, als der Mönch hier ankam, war der Wald von Namal Uyana bedroht durch illegales Fällen der Eisenholz-Bäume sowie durch Brandrodungen der Bauern aus den Dörfern der Umgebung. Drittens konnte Wanawasi Rahula Thera diesen Raubbau einstellen, ohne Verbotsschilder und Polizeiaufgebote, sondern indem er eine weitere klassische Aufgabe des Mönchstums Sri Lankas wahrnahm, nämlich sich um die Verbesserung der wirtschaftlichen Grundlagen für die Bewohner der Umgebung zu kümmern. Mit Spendengeldern für seinen Namal Uyana Trust, ergänzt um die Eintritssgelder, bemüht er sich um Schulung der Bauern in nachhaltigen Anbaumethoden, um Einäscherungs-Zeremonien ohne großen Holzverbrauch und um ein biologisches Forschungszentrum. Sein Traum ist, Namal Uyana auf der Liste des Erbes der Menschheit der UNESCO zu platzieren. Ein erster wichtiger Schritt war die Gründung eines nationalen Reservats für den Nabaum-Schutz, das 2005 von dem damaligen Premierminister Mahinda Rajapakse eröffnet wurde, der auch als Präsident mehrmals Namal Uyana besucht hat. Für seine Arbeit zum Schutze dieses einzigartigen Lebensraums hat Waranasi Rahula Thera mehrere Umweltpreise erhalten, so 1998 den von internationalen Journalisten vergebenen Green Award.
Ein Besuch von Namal Uyana ist auf der dreiwöchigen Studienreise "Kultur total" eingeplant sowie bei der zweiwöchigen Erlebnisreise "Natur classic" und der dreiwöchigen Abenteuerreise "Natur total".
Reiseveranstalter ist die Firma
No. 80/b, Lewis Place,
Negombo,
Sri Lanka |